Die Suchoi Su-57 ist das Juwel des militärischen Flugzeugbaus in Russland. Mit Stealth-Eigenschaften und Schubvektorsteuerung ausgestattet, kombiniert der neue Kampfjet die Vorzüge anderer Fighter der fünften Generation mit der beeindruckenden Wendigkeit älterer Muster aus dem Hause Suchoi. Mitte vergangenen Jahres gab Russlands Regierung grünes Licht für den Serienbau der Su-57, und auch wenn das Programm mit dem Absturz der ersten Serienmaschine an Heiligabend 2019 einen Dämpfer erhielt, sieht man sich bei der Hersteller-Holding United Aircraft Corporation (UAC) weiter im Soll: "Wir planen, 76 Su-57 bis 2028 an das russische Verteidigungsministerium auszuliefern", gab das Staatsunternehmen Mitte August bekannt. Genau so viele Maschinen hatte Russland 2019 bestellt.

Erst Russland, dann der Rest der Welt
Parallel dazu hatte UAC bereits damals angekündigt, verstärkt auf die Suche nach ausländischen Kunden zu gehen. Auf dem Aviasalon MAKS 2019 in Schukowski feierte denn auch die Exportversion Su-57E ihre Premiere. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Tass gab Anatoli Serdjukow, bei der Staatsgesellschaft Rostec für die Luftfahrt und damit auch für UAC und die Su-57 zuständig, nun konkretere Einblicke in den weiteren Fahrplan. Demnach erwartet Serdjukow, dass die Auslandsnachfrage für die Su-57 stark ansteigt, sobald UAC seine Verpflichtungen gegenüber der russischen Luftwaffe erfüllt hat. "Es ist unwahrscheinlich, dass es eine nennenswerte Nachfrage geben wird, solange wir nicht genügend Maschinen an unsere eigene Armee ausliefern", erklärte Serdjukow. Oberstes Ziel sei es deshalb, die Su-57 an die russischen Streitkräfte zu liefern. Mit anderen Worten: Interessenten aus dem Ausland werden sich gedulden müssen. Dennoch "bieten wir diese Maschine den Ausländern an, wir führen unsere Werbekampagne durch" so der Rostec-Mann weiter.

"Mehrere Länder" interessiert
Welche Nationen Rostec mit seiner "Werbekampagne" für die Su-57E im Einzelnen begeistern möchte, darüber schwieg sich Serdjukow gegenüber der Tass aus. Auch die Sprecherin des Russischen Bundesdienstes für militärisch-technische Zusammenarbeit, Maria Worobijowa, sprach lediglich davon, "dass mehrere Länder" bereits einen offiziellen Antrag für den Kauf der Su-57 eingesandt hätten. Welche Länder aber könnten dies sein?
Su-57E für ein NATO-Mitglied?
Der wohl erste Staatsmann aus dem Ausland, der 2019 die Su-57E zu Gesicht bekam, war der türkische Staatschef Erdogan, der 2019 zusammen mit Russlands Präsident Putin den Aviasalon besuchte. Die Türkei wird nach dem Rauswurf beim F-35-Programm immer wieder als Interessent für die Su-57 – und ebenso für die Su-35 – gehandelt. Allerdings arbeiten die Türken zu Hause auch an einem eigenen Stealth Fighter, der 2023 erstmals fliegen und idealerweise Ende der 2020er-Jahre einsatzfähig sein soll. Wie tragfähig dieser Zeitplan ist, und ob aus dem Projekt überhaupt etwas wird, muss sich zeigen. Da die Türkei trotz schwerer Differenzen nach wie vor NATO-Mitglied ist, könnten am Ende aber vor allem politische Gründe dem Kauf von Su-57 einen Riegel vorschieben.

Interessenten aus Afrika, Südamerika und Asien
Politisch weniger brisant dürfte die Lage in Algerien sein. Der Mittelmeerstaat im Norden Afrikas wurde Ende 2019 schon als "erster Exportkunde" für die Su-57 genannt. Ob die zugehörigen Verträge tatsächlich schon in trockenen Tüchern sind, ist unbekannt. Zuletzt war von bis zu 14 Su-57 die Rede, die Algerien beschaffen möchte. Auch Vietnam, Indien, Venezuela und Indonesien liebäugelten in der Vergangenheit immer wieder mit der Su-57, ohne dass sich bislang daraus ein konkretes Geschäft ergeben hätte. Vietnam soll Berichten zufolge Interesse an bis zu 24 Maschinen haben.
Indien als potenzieller Großkunde
Indien dagegen entwickelte bis 2018 gemeinsam mit Russland aktiv an einem maßgeschneiderten Stealth Fighter auf Basis der Su-57 mit. Auch wenn das als FGFA betitelte Projekt derzeit mehr oder weniger auf Eis liegt, gilt Indien nach wie vor als heißer Kandidat für die Su-57E, beziehungsweise eine auf die indischen Anforderungen zugeschnittene Weiterentwicklung derselben. Gemessen an der Größe ihrer Streitkräfte, dürften die Inder in diesem Fall zugleich einer der wichtigsten Abnehmer des Kampfjets werden. Auch ein Lizenzbau der Su-57E steht im Raum.
China liebäugelt mit der Su-57
In China begnügt man sich derweil längst nicht mehr mit in Lizenz gefertigten Fremdmustern. Die heimische Rüstungsindustrie läuft auf Hochtouren. Fliegende Beweise hierfür sind die chinesischen Stealth-Kampfjets Chengdu J-20 und Shenyang J-31. Dennoch steht im Reich der Mitte auch ein möglicher Kauf der Su-57 auf der Agenda. Der Rostec-Offizielle Viktor Kladow sagte im Februar 2020, China werde "in den nächsten zwei Jahren eine Entscheidung treffen, entweder zusätzliche Su-35 zu beschaffen, die Su-35 innerhalb Chinas zu bauen oder ein Kampfflugzeug der fünften Generation zu kaufen. Dies könnte eine weitere Gelegenheit für die Su-57E sein". Vor allem die chinesische Marine soll Interesse an der Su-57 haben.
Neue Fighter für den Iran?
Einem Bericht des russischen Portals Avia.Pro zufolge interessiert sich die Regierung des Iran ebenfalls für die Su-57. So habe der iranische Verteidigungsminister im August Russland besucht, um sich dort neben dem Flugabwehrsystem S400 die Kampfjets Su-35 und Su-57 näher anzusehen. Schon Ende 2019 meldete die Website bulgarianmilitary, der Iran könnte bis zu zwei Dutzend Su-57 beschaffen. "Da das Verbot der Vereinten Nationen für den Verkauf von Offensivwaffen an den Iran Ende 2020 aufgehoben werden soll, wird spekuliert, dass die Diskussionen über größere Rüstungskäufe bereits begonnen haben", so bulgarianmilitary. Der Iran könnte demnach mit der Su-57 seine zahlenmäßig starke, aber größtenteils veraltete Luftwaffe in eine deutlich kleinere, dafür umso schlagkräftigere Streitmacht verwandeln – und dabei über lange Sicht hohe Summen bei den operativen Kosten einsparen.

Der Irak will russische Waffen kaufen
Als jüngstes Land im Kreise der Su-57-Interessenten gilt ein alter Erzfeind des Iran: der Irak. Ende August erklärte Imad Al-Zuhairi, Militärinspektor des irakischen Verteidigungsministeriums, anlässlich eines Besuchs der Rüstungsmesse Army 2020 im Raum Moskau, sein Land wolle in Sachen Rüstung verstärkt auf Russland als Partner setzen. "Ich brauche Flugzeuge, ich brauche Kampfjets – Su-57", zitierte Sputniknews den irakischen Gast. Wie konkret dieses Interesse tatsächlich ist und ob es letztlich in eine Kaufentscheidung mündet, bleibt vorerst unklar – genau wie bei anderen möglichen Exportkunden.