Frühestens am 1. Mai soll es so weit sein: Das neue Boeing-Raumschiff wird zum ersten Mal mit den NASA-Astronauten Barry "Butch" Wilmore und Sunita "Suni" Williams zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Der "Crew Flight Test" (CFT) ist zwar immer noch ein Testflug, aber Boeing und die NASA sind zuversichtlich, dass die Zulassung der Kapsel bis November oder Dezember zu schaffen ist. Damit könnte der Starliner im Frühjahr 2025 die lange erwarteten regulären Astronautentransporte zur ISS aufnehmen.
Der erste bemannte Testflug wurde mehrmals wegen technischer Probleme verschoben und war zuletzt für Ende April geplant. Die neuerliche Verzögerung liegt nach Angaben der NASA an der "Terminplanung für die Raumstation". Ein Mitte März gestarteter Dragon-Frachter und die Anfang März gestartete Crew Dragon der Crew-8-Mission blockieren derzeit die beiden für Dragon und Starliner vorhandenen Andockstellen an der ISS. Der Dragon-Frachter soll Ende April abdocken, danach soll die Crew Dragon zum Zenit-Port des Harmony-Moduls umziehen.
Astronauten fliegen auch manuell
Der Starliner wird mit einer Atlas-V-Trägerrakete der United Launch Alliance (ULA) vom Space Launch Complex 41 der Cape Canaveral Space Force Station in Florida starten. Der Flug zur ISS wird etwa einen Tag dauern. Wilmore und Williams werden rund acht Tage auf der Raumstation bleiben, bevor sie mit der Kapsel nach einem 6,5 Stunden dauernden Flug im Südwesten der USA landen.

Butch Wilmore und Suni Williams (v. l.) fliegen mit dem Starliner zur ISS.
"Der CFT-Flug ist die Einführung der Besatzung in unsere Raumfahrzeugsysteme, sodass sich viele unserer Flugtestziele darauf beziehen, wie diese Schnittstelle funktionieren wird", sagte Mark Nappi, Vice President und Starliner-Programmmanager von Boeing, bei einer Pressekonferenz am 22. März. Bei dem Flug soll unter anderem die Leistung der Lebenserhaltungssysteme validiert werden. Die Astronauten sollen die Kapsel aber auch manuell steuern, um zu untersuchen, wie sich das Raumfahrzeug verhält, wenn die automatischen Systeme ausfallen. "Dies ist ein Testflug. Wir erwarten, dass wir einige Erkenntnisse gewinnen", so Nappi.
Viele technische Probleme
Der CFT findet rund zwei Jahre nach dem zweiten unbemannten Testflug (OFT-2) statt. Der Erstflug OFT-1 im Dezember 2019 war ein Fehlschlag. Die Kapsel schaffte es aufgrund von Softwarefehlern und Kommunikationsstörungen nicht zur ISS, konnte aber immerhin wieder sicher in White Sands in New Mexico landen. Auch OFT-2 hatte mehrmals verschoben werden müssen. Ein Start im August 2021 wurde abgesagt, weil Treibstoffventile im Service-Modul festkorrodiert waren.
Nach OFT-2 hatten sich weitere Probleme am Starliner offenbart: An Verbindungselementen der Fallschirme lag der erforderliche Sicherheitsfaktor nicht vor, zudem stellte in der Kapsel verwendetes Klebeband unter bestimmten Bedingungen ein Brandrisiko dar. "Wir haben die beiden Probleme gelöst", sagte Nappi. Man habe die sogenannten "Soft Links" an den Fallschirmen durch beständigeres Material ersetzt. Die Klebebänder habe man entweder entfernt oder mit einer Barriere abgeschirmt. "Wir haben nichts vor uns, was uns aufhält", so Nappi.
Trotz der jahrelangen Verzögerung – der erste bemannte Flug des Starliner war ursprünglich für Ende 2017 geplant – hält die NASA weiterhin an einer zweiten Raumkapsel für bemannte Flüge zur ISS fest. Die Crew Dragon von SpaceX absolvierte ihren ersten bemannten Testflug im Mai 2020 und hat seitdem acht kommerzielle Flüge zur ISS durchgeführt. Boeing hat von der NASA bisher sechs Aufträge für kommerzielle Flüge mit dem Starliner.