Biomass ist am 29. April um 6.15 Uhr (11.15 Uhr MESZ) mit einer Vega-C-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana aus gestartet. Der Satellit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA wird die Waldbiomasse vermessen und die irdischen Kohlenstoffvorräte und -flüsse aus einem Orbit in 666 Kilometern Höhe bewerten. Deutschland ist mit mehr als 20 Prozent an der Mission beteiligt.
"Wälder sind die grüne Lunge unseres Planeten. Bislang gibt es allerdings nur Schätzungen, wie viel Waldbiomasse weltweit vorhanden ist. Die europäische Mission Biomass wird erstmals das Volumen dieses wichtigen Kohlenstoffspeichers hochgenau bestimmen und damit auch ein detailliertes Bild über den Gesundheitszustand unserer Wälder liefern – ein elementarer Beitrag, um die globale Erwärmung genau zu berechnen, die Folgen des Klimawandels vorherzusagen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Herzstück dieser Mission ist ein in Deutschland entwickeltes und gefertigtes Radarinstrument – ein weiterer Beweis dafür, dass Deutschland im Bereich der Radartechnologie eine weltweit führende Rolle einnimmt", so Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
In Deutschland entwickeltes Radarinstrument
Das P-Band-Radar mit synthetischer Apertur (SAR) soll das Volumen der Wald-Biomasse sowie den darin enthaltenen Kohlenstoff und dessen Verteilung präzise erfassen. Im Gegensatz zu den üblicherweise verwendeten X-, C- und L-Bändern bietet das P-Band mit seiner Wellenlänge von 70 Zentimetern Vorteile: Die größere Wellenlänge verbessert die Fähigkeit des SAR-Signals, das Blätterdach der Vegetation bis zum Boden zu durchdringen. Eine elektromagnetische Welle interagiert nur mit Objekten, die ungefähr die gleiche Größe wie ihre Wellenlänge haben. Mit dem P-Band kann SAR also alle Objekte von 70 Zentimetern und mehr "sehen", nicht aber die kleinsten, wie beispielsweise Blätter. So ist selbst in dichten Wäldern eine genaue Messungen von Baumhöhe, -struktur und -dichte möglich. Die reflektierten SAR-Daten werden von einer 12 mal 15 Meter großen, ausfahrbaren Antenne aus Drahtgeflecht erfasst. Zugeliefert wurde sie von L3Harris.
Mithilfe des Radarinstruments wird Biomass alle sieben Monate globale Karten der Waldbiomasse und der Baumhöhen bereitstellen. Entwickelt und gebaut wurde das P-Band SAR von Airbus in Friedrichshafen. Das DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen führte vorbereitende Flugzeugkampagnen mit dem DLR-Forschungsflugzeug Dornier 228-212 durch, entwickelte den Prototypen des Radardaten-Prozessors und wird nach dem Start die Kalibrierungs- und Validierungsphase der Mission unterstützen.
Daten ermöglichen Vorhersagen
"Die Mission Biomass ermöglicht es erstmals, die 3D-Struktur von Wäldern und damit die räumliche Verteilung ihrer Biomasse zu bestimmen sowie auch ihre räumliche Komplexität und Vielfalt zu erfassen. Damit ist es möglich, nicht nur den aktuellen Zustand der Wälder zu bewerten, sondern auch Vorhersagen über ihre zukünftige Entwicklung zu treffen. Die Methoden dazu wurden von europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter maßgeblicher Beteiligung des DLR entwickelt", sagt Konstantinos Papathanassiou vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme.
Biomass ist der siebte Satellit im Rahmen des "Earth Explorer"-Programms der ESA. Weitere "Earth Explorer" sind CryoSat, GOCE, SMOS, Swarm, Aeolus und EarthCARE. Diese Satelliten nutzen neue und innovative Messtechniken, um Erkenntnisse über die Erde, vor allem den Klimawandel, zu gewinnen. Gebaut wurde Biomass von Airbus in Stevenage in Großbritannien, getestet wurde er in Toulouse.