Die letzte flugfähige TriStar, ein ehemaliger deutscher Kanzlerjet oder ein Jumbo mit Loch im Rumpf: Unter den Flugzeugen (mit luftatmenden Antrieben) in der Raumfahrtbranche finden sich einige Raritäten. Als Serienmodell gibt es sie selten, meist wurden sie modifiziert, um ihre besonderen Aufgaben zu erledigen. Sie lassen sich einteilen in Parabelflugzeuge, die der Forschung dienen, Trägerflugzeuge, die Raketen auf große Höhe bringen, und Frachtflugzeuge, die beispielsweise Satelliten transportieren.
Wissenschaftliche Experimente unter Bedingungen, wie sie eigentlich nur im Weltraum herrschen: Das ermöglichen in Europa ein Airbus A310, in den USA eine Boeing 727-200 und in Russland drei Iljuschin Il-76 MDK. Sie simulieren Schwerelosigkeit mithilfe parabelförmiger Flugmanöver. Bei jeder Parabel entsteht für etwa 22 Sekunden Mikrogravitation mit einer Restbeschleunigung von nur noch wenigen Hundertstel g.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nutzt für seine ein bis zwei jährlichen Parabelflugkampagnen (je drei Flugtage à 31 Parabeln) die A310 Zero-G des französischen Anbieters Novespace. Das Flugzeug war als "Konrad Adenauer" von 1991 bis 2011 bei der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums im Dienst und wurde 2014/15 von Lufthansa Technik in Hamburg zum Parabelflieger umgerüstet. Im hinteren Teil des Ex-Kanzlerjets befinden sich noch Sitze für Start und Landung, sonst ist die Kabine leer und mit Schaumstoffmatten ausgekleidet. Struktur, Triebwerke und Systeme wurden nicht verändert.

Schwerelosigkeit für Jedermann
Anders ist das bei der Boeing 727-200 und den Il-76 MDK. Ihre Hydrauliksysteme wurden modifiziert, um bei den Parabeln einen kontinuierlichen Druck zu gewährleisten. Die Il-76 MDK weist zudem im Vergleich zur "normalen" Il-76 MD eine verstärkte Rumpf- und Flügelstruktur auf. Alle Parabelflugzeuge verfügen zudem über einen Beschleunigungsmesser im Cockpit. Raumfahrtagenturen wie ESA, NASA und Roskosmos nutzen Parabelflugzeuge auch für die Ausbildung von Astronauten. Selbst Privatpersonen können die fliegerische Achterbahnfahrt buchen. Die Preise variieren zwischen 5600 und rund 7400 Euro. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine sind diesbezüglich die Möglichkeiten für (westliche) Ausländer jedoch stark beschränkt.
Noch schwieriger dürfte es für Privatpersonen sein, einen Blick ins Innere von Trägerflugzeugen zu werfen oder gar mitzufliegen. Eine Ausnahme ist vielleicht der von Scaled Composites im Auftrag von Virgin Galactic entwickelte und gebaute WhiteKnightTwo. Wer bereit ist, 450 000 US-Dollar für einen Flug mit dem SpaceShipTwo zu bezahlen, darf sicher auch das Doppelrumpfflugzeug mit dem Namen VMS Eve näher in Augenschein nehmen.

Aus zehn Kilometern in den niedrigen Erdorbit
WhiteKnightTwo ist das weltweit größte komplett aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen hergestellte Flugzeug. Die beiden Kabinen sind aus derselben Form wie das SpaceShipTwo. Die VMS Eve kann 17 Tonnen Nutzlast auf bis zu 50 000 Fuß (15,2 km) bringen. Virgin Galactic wollte den Vierstrahler ursprünglich auch als Startplattform für seine neu entwickelte Trägerrakete LauncherOne verwenden. Allerdings wurde der zweistufige LauncherOne im Lauf der Entwicklung vergrößert und Virgin Galactic entschied sich 2014 für eine Boeing 747-400. So wurde ein Passagierjet vom Schwesterunternehmen Virgin Atlantic gekauft und modifiziert.
Zunächst musste der Jumbo namens "Cosmic Girl" knapp 30 Tonnen abspecken und verlor Sitze, Bar, Gepäckfächer und Kabinenverkleidung. Die Ingenieure entwickelten einen Startpylon für die 21 Meter lange Rakete unter dem linken Flügel. An dieser Stelle befindet sich bei der 747 ein Befestigungspunkt für ein fünftes Triebwerk, das als Ersatzteil befördert werden kann. Dieser Umstand minimierte die nötigen strukturellen Modifikationen. Elektrik- und Hydraulikleitungen wurden zum Pylon gelegt, Pneumatik und Klimatisierung für die sensiblen Satelliten, die LauncherOne ins All bringt, angepasst. Auch Avionik und Cockpit erhielten ein Upgrade, um die Rakete auszuklinken. Das Ausklinken erfolgt in gut zehn Kilometern Höhe; währenddessen fliegt die 747 mit einem Anstellwinkel von bis zu 32,5 Grad. Seit dem fehlgeschlagenen Erstflug am 25. Mai 2020 hat LauncherOne drei erfolgreiche Missionen absolviert.
Schon länger im Dienst als fliegende Startplattform für die Pegasus-XL ist die Lockheed L-1011 Stargazer von Northrop Grumman. Der erste Raketenstart aus der Luft fand am 27. Juni 1994 statt, seitdem wurden laut des Betreibers 44 Missionen durchgeführt und 95 Satelliten in den Orbit gebracht. Die L-1011 wurde 1992 von Orbital Sciences gekauft und umgebaut; seit 2018 trägt sie die Lackierung von Northrop Grumman. Die dreistufige Pegasus-XL wird von Stargazer auf 40 000 Fuß (12,2 km) gebracht. Um die Rakete aufzunehmen, erhielt die TriStar einen verstärkten mittleren Flügelkasten mit fünf hydraulisch betätigten Ausklinkhaken. Weitere Modifikationen sind eine Öffnung im unteren Rumpf für das Seitenleitwerk der Pegasus-XL, eine Nutzlast-Klimaanlage sowie externe Kameras.

Gut transportiert
Nach diesen Trägerspezialisten profan wirken die Frachter. Doch das längste und schwerste Flugzeug der Welt, leider unlängst zerstört, hätte es ohne die Raumfahrt nie gegeben: Die Antonow An-225 wurde ursprünglich dafür entwickelt, den Buran-Orbiter und Energija-Raketenbooster huckepack von Koroljow nach Baikonur zu fliegen. Das Buran-Programm wurde 1993 eingestellt, und in der russischen Raumfahrt gab es keine andere Verwendung für den Sechsstrahler. Aber die kleine Schwester An-124, aus der die An-225 abgeleitet wurde, fliegt heute regelmäßig Raumfahrtgüter um die Welt. So transportierte eine An-124 im Oktober 2021 beispielsweise das zweite Europäische Servicemodul für die Orion-Kapsel der NASA von Bremen nach Cape Canaveral.
Ein anderes Frachtflugzeug gäbe es wohl ohne Raumfahrt nicht mehr: die Super Guppy Turbine (SGT) der NASA. Die US-Raumfahrtbehörde schwört wegen der Dimensionen des Frachtraums (33,8 x 7,6 x 7,6 m) auf dieses Urgestein auf Basis einer fast 70 Jahre alten Boeing KC-97 Stratofreighter. Das Flugzeug ist eines von ursprünglich vier, die Aero Spacelines für Airbus gebaut hat, um A300-Rumpfsektionen durch Europa zu fliegen. Nachdem Airbus sie 1997 ausgemustert hatte, erwarb die NASA den unförmigen Frachter. Diese weltweit letzte fliegende SGT ist derzeit im Artemis-Mondprogramm aktiv und befördert Orion-Bauteile zwischen NASA-Standorten.
Die Beluga ST könnte in naher Zukunft wieder für Raumfahrtfracht eine Rolle spielen. In den 1990er- und 2000er-Jahren hatte sie bereits europäische Elemente für die Internationale Raumstation ISS innerhalb Europas und in die USA transportiert.

Infrarot-Blick in den Weltraum
Ein Sonderfall außerhalb unserer Kategorien ist SOFIA, eine der wenigen noch fliegenden Boeing 747SP (Special Performance), die Ende des Jahres ihren Dienst nach acht Jahren einstellen wird. Die NASA hat den Ex-Passagierjet, der ab 1977 für Pan Am und später für United im Dienst war, 1997 gekauft und zu einem fliegenden Teleskop umbauen lassen. Dafür wurde ein vier mal sechs Meter großes Loch in den Rumpf geschnitten und mit einer Schiebetür versehen sowie in der Kabine ein Druckschott eingebaut. Herzstück ist ein fast 20 Tonnen schweres Infrarot- Teleskop mit 2,7 Metern Durchmesser. Das Flugzeug, das gemeinsam von der NASA und dem DLR betrieben wird, fliegt bei seinen Einsätzen auf mehr als 13 Kilometer Höhe, damit kein Wasserdampf die Infrarot-Beobachtungen behindert. Pro Jahr absolvierte SOFIA rund 160 Flüge mit einer Dauer von je sechs bis acht Stunden.
