Das Aerospace Safety Panel (ASAP), ein unabhängiges NASA-Sicherheitsgremium, hat vergangene Woche von "bedeutenden Fortschritten" bei der Untersuchung der Probleme beim bemannten Erstflug der Starliner-Raumkapsel im vergangenen Jahr berichtet. Für die größten Probleme, nämlich jene mit den Schubdüsen des Reaktionskontrollsystems, gibt es jedoch bisher keine Lösung.
Der CST-100 Starliner war am 5. Juni 2024 mit den NASA-Astronauten Barry "Butch" Wilmore und Sunita "Suni" Williams zur Internationalen Raumstation ISS gestartet. Schon vor dem Start waren kleine Heliumlecks im Antriebssystem aufgetreten. Beim Anflug auf die ISS am 6. Juni fielen zudem mehrere Schubdüsen des Reaktionskontrollsystems aus. Die Boeing-Raumkapsel kehrte, anders als geplant, im September 2024 unbemannt zur Erde zurück, weil bei der NASA Zweifel an der Leistung der Reaktionskontrollantriebe überwogen. Wilmore und Williams sind noch immer auf der ISS. Sie sollen frühestens Ende März mit einer Crew Dragon von SpaceX zurückkehren. Die Starliner-Mission sollte eigentlich nur acht Tage dauern.
Termin für nächsten Flug offen
Bei einem öffentlichen Treffen am 30. Januar erklärte das ASAP-Mitglied Paul Hill, dass das Gremium kürzlich von der NASA über den Status der Crew-Flight-Test-Mission des Starliner unterrichtet worden sei. "Integrierte NASA-Boeing-Teams haben damit begonnen, die Flugbeobachtungen und Anomalien während des Fluges abzuschließen." Um welche konkreten Anomalien es sich handelt, sagte Hill nicht. Er machte jedoch deutlich, dass die Schubdüsen nicht dazu gehörten. Die Ursachen des Schubdüsenproblems würden untersucht, darauf aufbauend sollen Empfehlungen für künftige Missionen entwickelt und "technische und organisatorische Faktoren" bewertet werden, die eine Rolle gespielt haben könnten. "Die von der NASA mitgeteilten Details gaben uns die Zuversicht, dass sie sich auf die richtigen Kernfragen und den damit verbundenen Weg zum sicheren Flug des Starliner konzentrieren", so Hill.
Wann der Starliner seinen nächsten Flug antritt, und ob ein weiterer Testflug nötig sein wird, ist noch unklar. Die NASA hatte im Oktober 2024 mitgeteilt, dass über den zeitlichen Ablauf und die Konfiguration der nächsten Starliner-Mission entschieden werde, sobald man ein besseres Verständnis von Boeings Weg zur Systemzertifizierung habe. "Die NASA hält Optionen auf dem Tisch, wie die Systemzertifizierung am besten erreicht werden kann, einschließlich eines Zeitfensters für einen möglichen Starliner-Flug im Jahr 2025", so die NASA damals. Allerdings haben weder die US-Raumfahrtbehörde noch Boeing seither ein öffentliches Update zur Causa Starliner gegeben.
Beim Management des Starliner-Programms bei Boeing gab es zum Monatsanfang eine Änderung: Mark Nappi, Boeing Vice President und Starliner-Programmmanager, hat sich Ende Januar in den Ruhestand verabschiedet. Seine Rolle übernimmt John Mulholland, der bereits von 2011 bis 2020 Vice President und Programmmanager für das ISS-Programm bei Boeing war. Er war in dieser Zeit für die anfängliche Entwicklung des CST-100 verantwortlich und hat auch den ersten unbemannten Flug 2019, ein Fehlschlag, miterlebt. Boeing hat durch das vermurkste Starliner-Programm bereits rund 1,5 Milliarden US-Dollar Verlust eingefahren und bei der Veröffentlichung der Zahlen des vierten Quartals 2024 Ende Januar weitere Verluste angekündigt.