Neue An-124 von Antonov Airlines: In Russland gebaut, in Kiew modernisiert

Riesenfrachter mit Glas-Cockpit
Das ist die „neue“ An-124 für Antonov Airlines

Veröffentlicht am 21.07.2025

Viereinhalb Jahre lang stand die Antonow An-124 mit dem Kennzeichen UR-82073 auf dem Gelände des Antonow-Hauptwerks Kiew-Swjatoschyn. Dort war sie am 13. März 2021 gelandet – und hätte eigentlich längst wieder in den Dienst zurückkehren sollen. Doch dann kam der Ukraine-Krieg dazwischen und die An-124 war in Swjatoschyn "gefangen". Erstens, weil sie zu Beginn der russischen Angriffe teildemontiert und überhaupt nicht flugbereit war und zweitens, weil der Luftraum der Ukraine seit Ende Februar 2022 ohnehin für den Flugverkehr geschlossen ist.

Nach monatelanger Vorbereitung – die den Russen scheinbar verborgen blieb – verließ die UR-82073 jedoch am 11. Juli dieses Jahres ihr Kiewer Gefängnis und nahm Kurs auf den Flughafen Leipzig-Halle, wo die Antonow-Werksfluggesellschaft Antonov Airlines seit dem Frühjahr 2022 ihre zentrale Basis unterhält. Dort stieß die An-124 auf fünf ihrer ukrainischen Artgenossen, die von dort aus im Charterverkehr für sperrige Luftfracht, für NATO-Missionen und Versorgungsflüge für das ukrainische Militär durch die ganze Welt fliegen. Insgesamt sind damit jetzt in Leipzig sage und schreibe neun An-124 zu Hause: sechs ukrainische und die drei zwangsgeparkten Exemplare von Volga Dnepr Airlines aus Russland, die zum Zeitpunkt des russischen Angriffs auf die Ukraine vor Ort zur Wartung weilten und nicht mehr abheben dürfen.

Gebaut in Russland, modernisiert in Kiew

Ironie am Rande: Auch die jüngst eingeflogene UR-82073 kommt ursprünglich aus Russland. Sie wurde 1994 bei Aviastar-SP in Uljanowsk fertiggestellt und flog zunächst fünf Jahre lang in russischen Diensten, bevor sie 1999 zur Flotte von Antonov Airlines stieß. Unter all den in Leipzig versammelten Antonows sticht der Neuzugang aus Kiew-Swjatoschyn allerdings nicht allein deswegen heraus. Denn die UR-82073 wurde während ihres Aufenthalts im Antonow-Werk umfassend modifiziert. Die Arbeiten dafür hatten 2021 begonnen und wurden nun, trotz russischer Attacken auf Swjatoschyn, offenbar erfolgreich abgeschlossen. "Das Flugzeug hat modernere Triebwerke und ein Glascockpit bekommen", bestätigte Antonov Airlines-Chefpilot Dmytro Antonow Ende der vergangenen Woche im Gespräch mit der FLUG REVUE.

Antonow An-124 von Antonov Airlines in Aktion.
Patrick Zwerger

Weniger Lärm, weniger Verbrauch, FADEC

Konkret soll es sich bei den Triebwerken um Lotarjow D-18T-Turbofans der Serie 3M handeln, die gegenüber der Ausgangsvariante etwas weniger Kerosin verbrauchen und dank zackenförmiger Schubdüsen auch leiser sein sollen. Zudem sind die neu verbauten Motoren laut Dmytro Antonow mit einer volldigitalen Triebwerksregelung (FADEC) ausgestattet.

Eine solche Modernisierung hatte Antonow bereits 2011 ins Auge gefasst, damals noch zusammen mit Volga-Dnepr Airlines. Allerdings ist die UR-82073 aktuell die einzige An-124 mit dieser Triebwerksauslegung. Zwar wurde die Schwestermaschine UR-82009 vor rund zehn Jahren entsprechend umgerüstet, erlitt dann aber in den ersten Kriegstagen 2022 bei Kämpfen um den Antonow-Flughafen Hostomel schwere Schäden, weil sie zu jener Zeit dort zur Wartung im Hangar stand. Ob sie je wieder abheben wird, ist äußerst fraglich.

Timo Jakisch

Einzige An-124 mit neuem Cockpit

Als einzige Antonow An-124 weltweit verfügt die nach Leipzig evakuierte UR-82073 darüber hinaus auch über ein grundlegend modernisiertes Flight Deck. "Das Flugzeug hat jetzt ein Glascockpit mit Bildschirm-Instrumenten von Honeywell und Garmin, keine russischen Systeme mehr", so Dmytro Antonow. "Ich habe das Flugzeug aber noch nicht selbst gesehen, seit es wieder bei uns ist, ich hoffe, das kann ich demnächst nachholen." Gegenüber den Schwesterflugzeugen von Antonov Airlines lässt sich die "neue" An-124 mit reduzierter Crew fliegen. Statt wie bisher sechs Personen sind wohl nur noch vier notwendig. Die Modifikationen müssen aber noch final zertifiziert werden, bevor die Maschine in den regulären Dienst zurückkehren kann. Unterdessen blickt Pilot Dmytro Antonow bereits nach vorn: "Wir wollen Stück für Stück unsere gesamte Flotte auf diesen Stand bringen." Einen konkreten Zeitplan für dieses Unterfangen gebe es aber seines Wissens nach nicht. "Das große Ziel bleibt ein ganz neues Flugzeug, als Nachfolger für die An-124", so Antonow.