Man muss schon zwischen den Zeilen lesen, um das stille Ende der Kooperation zwischen Siemens und Airbus im Bereich Elektroflug zu bemerken. In einer Airbus-Pressemitteilung anlässlich des Symposiums „Ambition 2050“ am 7. und 8. Mai in Taufkirchen bei München deuten lediglich die letzten beiden Absätze darauf hin – sprechen dort doch sowohl Martin Nuesseler, Head of E-Aircraft Systems Programme bei Airbus, als auch Frank Anton, Leiter von Siemens eAircraft, über ihre gemeinsamen Projekte nur noch in der Vergangenheitsform.
So erklärt Martin Nuesseler, Siemens habe „sein umfassendes Know-how bei Elektroantrieben und Leistungselektronik und seine ausgeprägte Fähigkeit, innovative Lösungen zu entwickeln, in unsere ehrgeizigen Projekte eingebracht.“ Die dabei erzielten Ergebnisse ebneten den Weg in die Zukunft der hybrid-elektrischen Luftfahrt. Frank Anton entgegnet im nachfolgenden Absatz: „Es war eine großartige Erfahrung, mit den Kollegen von Airbus in kleinen Teams mit enger Abstimmung zusammenzuarbeiten. Ihre Kompetenz in Flugzeugarchitektur und -design bot uns die Chance, als Anbieter von Antriebssystemen unsere Lösungen für konkrete Plattformen zu entwickeln. Wir freuen uns sehr darauf, diese Kompetenzen unseren Partnern in industrialisierter Form zugänglich zu machen.“

Partnerschaft soll in lockerer Form weiterlaufen
Zwar stellte Nuesseler gleichzeitig klar, er sei überzeugt, „dass Siemens eAircraft auch künftig ein enger Partner von Airbus bleiben wird.“ Sowohl diese Aussage als auch die Ankündigung von Frank Anton, die bisher gesammelten Erkenntnisse auch anderen Siemens-Industriepartnern zugänglich zu machen, legen aber nahe, dass es mit der im April 2016 gestarteten engen Zusammenarbeit bei der Entwicklung hybrid-elektrischer Antriebe offenbar vorbei ist. Gegenüber WELT Online bestätigte ein namentlich nicht genannter Siemens-Sprecher diese Annahme: Die vereinbarten Ziele seien schlicht „ein Jahr schneller als erwartet erreicht“ worden, so dass jetzt eine frühere Trennung erfolge.
Kooperations-Ende eine Folge des Airbus-Führungswechsels?
Möglich ist aber auch, dass das verfrühte Ende mit dem Führungswechsel bei Airbus zusammenhängt. Dies zumindest mutmaßt WELT Online unter Berufung auf Branchen-Insider. Und tatsächlich klingt die Annahme plausibel, schien die ursprünglich auf fünf Jahre angesetzte Zusammenarbeit doch perspektivisch schon über den damals vereinbarten Zeithorizont hinauszureichen. Jedoch könnte der neue Airbus-Chef Guillaume Faury, ein Franzose, künftig verstärkt die Zusammenarbeit mit französischen Firmen suchen, oder Airbus doch zumindest die Option sichern, auch mit Siemens-Mitbewerbern enger zusammenzuarbeiten. Andererseits ging es bei der seinerzeit von Siemens Chef Joe Kaeser und dem damaligen Airbus CEO Tom Enders verkündeten Kooperation, für die ein gemeinsames Team von 200 Mitarbeitern zusammengezogen wurde, explizit um den Nachweis der technischen Machbarkeit hybrid-elektrischer Antriebe. Dieser ist auch aus Sicht von Frank Anton tatsächlich erbracht, wie Anton auf Nachfrage der FLUG REVUE versichert: „Die Resultate der Forschungen zeigen, dass die technische Machbarkeit besteht, und darüber hinaus eine kommerzielle Nutzung möglich ist. Daher wollen Siemens und Airbus jetzt von der Forschung zu einer Kommerzialisierung Ihrer jeweiligen Ergebnisse übergehen.“

Beide Unternehmen werden damit künftig am Markt separat mit ihren Elektro-Errungenschaften auftreten. Darunter sollen laut Siemens-Mann Frank Anton auch E-Motoren mit bis zu zwei Megawatt Leistung sein. Was die verfrüht auslaufende Kooperation für das gemeinsame Projekt E-Flight-X, einen hybridelektrischen Hundertsitzer auf Basis einer BAe 146, bedeutet, ist aktuell noch unklar. Eigentlich war geplant, den Versuchsträger mit einem Elektromotor und drei konventionellen Triebwerken 2020 in die Luft zu bringen. Frank Anton versichert zumindest, dass beide Untermehmen künftig weiter „als Kunde und Lieferant in verschiedenen Projekten zusammenarbeiten“ werden.