Russlands neuer Superjet soll "200 Prozent sicher" sein

Flugerprobung startet
Russlands neuer Superjet soll „200 Prozent sicher“ sein

Zuletzt aktualisiert am 30.04.2024

Für die Überführung aus Russisch-Fernost vor die Tore von Moskau brauchte der Superjet SJ100 nur einen Zwischenstopp: Der Prototyp des neu aufgegleisten Regionaljets ohne westliche Bauteile landete bei seinem Flug quer durch Russland, von seinem Entstehungsort Komsomolsk am Amur zum Flugtestzentrum in Schukowski, lediglich in Nowosibirsk zum Tanken. Der dortige Flughafen Tomaltschowo liegt etwa auf halber Strecke der rund 6.000 Kilometer langen Route, die der kleine Zweistrahler bei seiner Reise in Angriff nahm.

UAC

"Russische Schlüsselkomponenten"

Seit dem 27. April weilt der Superjet mit der Bordnummer 97021 jetzt in Schukowski. Dort wird er in Kürze in das Zulassungsprogramm einsteigen, das die russischen Behörden für das "russifizierte" Flugzeug vorgesehen haben. Laut Angaben von Rostec besitzt der Prototyp, der am 29. August 2023 zum Erstflug startete, bereits fast alle relevanten "Schlüsselkomponenten" aus russischer Produktion. Dazu zählen russische Avionik, russisches Fahrwerk, russische Hilfsgasturbine, russische Flugsteuerung und russische Stromversorgung. Nur eine entscheidende Komponente fehlt dem Jet: Das russische Triebwerk PD-8, das die bislang verwendeten, russisch-französischen SaM146-Turbofans ersetzen soll.

Problemfall PD-8

Da sich die Tests mit diesem neuen Triebwerk weiter in die Länge ziehen, hängt das PD-8 erst beim zweiten Prototyp unter den Tragflächen. Geflogen ist das Gespann allerdings noch immer nicht – weil das PD-8 bei den bisherigen Bodentests negativ auffiel. Bereits Ende 2023 hatte die Rostec-Tochter UEC (United Engine Corporation), die für die Entwicklung des Triebwerks verantwortlich ist, bekannt gegeben, dass man während der Probeläufe am Boden "die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeiten festgestellt" habe. Das PD-8 sei in seiner gegenwärtigen Form nicht betriebsbereit. Daran hat sich auch Ende April nicht signifikant etwas geändert. Zumindest spricht Rostec immer noch von "geplanten zusätzlichen Tests", die das PD-8 noch bestehen müsse, bevor es zusammen mit dem Superjet abheben darf.

UAC/Suchoi

200 Flüge bis zur Zulassung

Den Zeitplan für das "russifizierte" Flugzeug, bei dem laut Rostec 38 vormals westliche Komponenten gegen russische Pendants ersetzt werden, haben die Verantwortlichen bereits massiv in die Länge gezogen. Erste Auslieferungen von Serienflugzeugen soll es nun erst 2026 geben. Ursprünglich war von Ende 2023, später von 2024 die Rede gewesen.

Doch in Hektik verfallen möchte man wegen der augenscheinlichen Rückschläge bei Rostec nicht, wie Konzern-Vizechef Andrei Boginsky betont. Nach wie vor seien für die Zertifizierung gut 200 Testflüge vorgesehen, die sich später auf eine geplante Flottenstärke von drei Prototypen verteilen sollen. Dies sei unabdingbar, "um die Sicherheit des Flugzeugs für zukünftige Passagiere zu 200 Prozent zu gewährleisten", so Boginsky weiter. Die Schmach, einen rein russischen Superjet im Liniendienst durch Absturz zu verlieren, weil er technisch nicht ausgereift war, möchte man sich in Russland verständlicherweise gern ersparen – auch um den Preis einer weiteren Projektverzögerung.