Als die DC-8 der NASA in Deutschland zu Besuch war

Forschung zu Biokerosin
Als die DC-8 der NASA über Deutschland in Abgasen schnüffelte

Veröffentlicht am 18.04.2024

Am 1. April kehrte die Douglas DC-8-72 von ihrer letzten Forschungsmission, einer zwei Monate dauernden Luftqualitätsuntersuchung in Asien, zum Armstrong Flight Research Center Building 703 in Palmdale, Kalifornien zurück. Die NASA schickt den Vierstrahler nach 37 Jahren in Rente. Die 55 Jahre alte DC-8 wird nun der Idaho State University in Pocatello zur Verfügung gestellt, um künftige Flugzeugtechniker auszubilden.

Vor sechs Jahren verlegte die NASA die Basis ihres größten Forschungsflugzeugs temporär nach Ramstein. FLUG-REVUE-Redakteurin Ulrike Ebner hatte damals das Glück, bei einem Forschungsflug mitfliegen zu können.

Ulrike Ebner

In der FLUG REVUE 04/2018 erschien dazu der folgende Beitrag:

Schnüffeln im Abgas

Die NASA war im Januar 2018 mit ihrer Douglas DC-8-72 zu Gast in Deutschland. Auf dem Programm des (damals) fast 50 Jahre alten Vierstrahlers standen gemeinsame Forschungsflüge mit dem Airbus A320 ATRA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Im Fokus: die Klimawirkung von Biotreibstoffen.

Die Douglas DC-8 ruckelt leicht. "Ich kann Eis sehen", sagt eine Forscherin über den Bordfunk. "Hier ist viel Aerosol", fügt ein anderer Wissenschaftler hinzu. Das NASA-Flugzeug ist in die Kondensstreifen eines Airbus A320neo mit LEAP-1A-Triebwerken eingeflogen. Die DC-8 folgt dem Linienflugzeug im norddeutschen Luftraum über eine Strecke von mehr als 100 Kilometern in gebührendem Abstand. Dann drehen die Piloten ab und suchen mithilfe der Fluglotsen am Boden den nächsten Verkehrsjet, den sie verfolgen können, bevor sie nach knapp sechs Stunden Flugzeit zur Ramstein Air Base zurückkehren.

Bei diesem siebten von acht Forschungsflügen zwischen dem 17. Januar und dem 1. Februar ist die DC-8 ausnahmsweise ohne den Airbus A320 ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) des DLR unterwegs. Doch die Aufgabe ist dieselbe: Triebwerksemissionen und Kondensstreifen vermessen. Das Hauptaugenmerk der Mission mit dem sperrigen Namen ND-MAX/ECLIF 2 (NASA/DLR-Multidisciplinary Airborne Experiments/Emission and Climate Impact of Alternative Fuel) liegt aber auf Emissionen, die bei der Verbrennung von Biokraftstoffen entstehen.

DLR/Jörg Adam

Jagd auf Kondensstreifen

Die Forscher wollen herausfinden, ob alternative Treibstoffe die Anzahl von Eispartikeln in Kondensstreifen reduzieren. "Geringere Eiskonzentrationen können zu kurzlebigeren Kondensstreifen führen", erklärt der NASA-Wissenschaftler Dr. Bruce Anderson. Langlebige Kondensstreifen bleiben in feuchter und kalter Luft in acht bis zwölf Kilometern Höhe mehrere Stunden bestehen und bilden Zirren." Diese Frage ist von großer Bedeutung, weil Kondensstreifen und die sich daraus bildenden Zirruswolken vermutlich eine größere wärmende Wirkung auf die Erdatmosphäre haben als alle über mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre gesammelten Kohlendioxid-Emissionen des Luftverkehrs zusammen", so Dr. Hans Schlager vom DLR.

Während der Forschungsmission wird die A320 ATRA mit drei verschiedenen Treibstoffen geflogen: für Referenzmessungen zunächst mit klassischem Jet-A-1-Kerosin, dann mit Kraftstoffmischungen mit 30 und schließlich mit 50 Prozent HEFA (hydroprozessierte Ester und Fettsäuren), die in diesem Fall aus pflanzlichen Quellen stammen. "Diese veränderte Zusammensetzung hat Auswirkungen auf die Bildung von Ruß bei der Verbrennung", sagt Dr. Patrick Le Clercq vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik. An Rußteilchen wiederum lagern sich Wassermoleküle ab und bilden Kondensstreifen.

DLR

Fliegen fürs Klima

Bereits bei gemeinsamen Forschungsflügen im Jahr 2014 in Palmdale, Kalifornien, konnten DLR und NASA zeigen, dass die Beimischung von 50 Prozent Biotreibstoff im Reiseflug die Rußpartikelemissionen eines Triebwerks um bis zu 70 Prozent reduziert. Nun interessieren sich die Forscher auch dafür, ob eine deutlich wirtschaftlichere Beimischung von 30 Prozent HEFA die Rußemissionen ähnlich reduziert wie ein 50-prozentiger Anteil. 2014 flog die DC-8 mit Biokerosin in den Tanks voraus, die Falcon 20 des DLR hinterher. Diesmal dient die DC-8 als Messplattform. Sie folgt der ATRA in einem Abstand zwischen 4,6 bis 33 Kilometern. Geflogen wird in unterschiedlichen Höhen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, hauptsächlich in einem gesperrten Luftraum über Mecklenburg-Vorpommern. Dabei müssen die Messsonden direkt vom Abgas angeströmt werden, um unter anderem Ruß- und Eispartikel, flüchtige Aerosole, Kohlenstoffdioxid, Stickoxide und Wasserdampf zu erfassen. Erste Ergebnisse der Mission erwarten die Forscher im April.

Rund 80 Stunden sind die ATRA und die DC-8 für die Messkampagne über Deutschland in der Luft. Für den NASA-Vierstrahler endet die Mission mit einem Alleinflug nach Hause, nach Kalifornien. Zunächst knapp elf Stunden nach Seattle, dann noch zweieinhalb Stunden nach Palmdale. Dabei macht der 49 Jahre alte Oldie weiter Jagd auf Kondensstreifen – im Namen der Klimaforschung.