Grüne Basis
Die Öko-Airports von morgen

Flughäfen sind bei den Themen Lärmschutz und Emissionssenkung schon lange aktiv. Für die Umstellung auf neue Antriebsenergien, wie batterieelektrisches Fliegen und Brennstoffzellen, steht ihnen aber ein aufwendiger Umbau der Infrastruktur bevor.

Die Öko-Airports von morgen
Foto: Fraport

Bis zum Jahr 2030 will der Frankfurter Flughafen, wie alle deutschen Verkehrsflughäfen im Branchenverband ADV, seine CO2-Emissionen um 65 Prozent senken, und diese dann bis zum Jahr 2045 sogar komplett auf Null bringen. Die Hauptsäulen dieser Einsparungen sind die Verringerung des Energieverbrauchs bei Infrastruktur und Verkehr, darunter der Vorfeldfahrzeuge, ein besserer Energiemix und eine "intelligente" Klimatisierung. Vor allem durch eine bessere Gebäudeisolierung mit Heizung und Kühlung immer nur dort, wo und wann diese aktuell benötigt werden. Auch sogenannte "Klimawälder", seitens der Airports neu gepflanzte Grüngürtel mit Luftreinigungsfunktion, helfen bei der Emissionssenkung.

NACHHALTIG FLIEGEN

Längst haben die meisten Flughäfen elektrische Vorfeldfahrzeuge und -geräte in Betrieb und ermuntern ihre Airline-Kunden, im Stand keine lauten Hilfsgasturbinen (APU) mit Kerosin laufen zu lassen, sondern stattdessen elektrische Unterflur-Vorfeldsteckdosen zu benutzen sowie bei der Landung auf die Schubumkehr möglichst zu verzichten, sofern die Piloten sie nicht im Einzelfall aus Sicherheitsgründen doch benötigen.

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Schon 34 Prozent aller heute am Flughafen genutzten Fahrzeuge werden laut Flughafenverband ADV mit alternativen Antrieben, wie Erdgas, Hybrid, Elektro und Wasserstoff bewegt. Mit allen diesen Maßnahmen senken die Flughäfen ihren Schadstoffausstoß. Seit dem Jahr 2010 wurden die CO2-Emissionen an den deutschen Verkehrsflughäfen um 35 Prozent verringert. Die Zeiten, in denen man einen Airport schon von weitem an einer Rußglocke am Himmel erkannte, sind vorbei.

Fraport
Die lokalen Emissionen an Flughäfen können durch elektrische Bodengeräte gesenkt werden. In Frankfurt wurden schon hunderte elektrifiziert.

"Problemkind" Wasserstoff

Auch wenn jede moderne Flugzeuggeneration, vor allem dank besserer Triebwerke, rund 15 Prozent weniger Treibstoff als die Vorgänger verbraucht und den Schadstoffausstoß in gleicher Höhe senkt, bahnt sich unter dem Stichwort Wasserstoff ein revolutionärer Schwenk vom Kerosin weg an. Dessen Folgen spüren zuerst die Flughäfen, denn sie müssen die Infrastruktur dafür schaffen.

Die Unternehmensberatung Kearney hält die Herstellung von grünem Wasserstoff in ausreichender Menge für das Hauptproblem, denn die Produktion sei bisher nicht sehr effizient. Nur 60 bis 70 Prozent des zur Herstellung eingesetzten Stroms würde als Energie im Wasserstoff gespeichert. Deshalb seien sehr große Strommengen aus erneuerbaren Quellen erforderlich. Falls man zum Beispiel am Flughafen Paris-Orly 30 Prozent der Flüge auf Wasserstoff umstellen wollte, müsse man dazu pro Tag 270 Tonnen flüssigen Wasserstoffs vorhalten, wenn man den Verbrauch eines Turboprop-Regionalflugzeugs bei einer Flugstrecke von 1500 Kilometern mit 1,5 Tonnen ansetzt. Die Elektrolyse zur Wasserstoffherstellung erfordere jeden Tag 18 Gigawattstunden elektrischer Energie oder die volle Leistung eines typischen 900-MW-Kernkraftwerks. Um die gleiche Strommenge aus Solarstrom zu generieren, seien 44 Quadratkilometer Solarpanele nötig – die dreifache Flughafenfläche von Orly. Selbst wenn man das gesamte Flughafengelände komplett mit Solarpanelen bedeckte, könnte es nur zwei bis drei Flugzeuge pro Tag mit der nötigen Energie "grün" versorgen, so die Kearney-Studie. Zudem reiche die Wasserstoff-Elektrolyse-Kapazität aktueller Anlagen, typisch sind 20 Megawatt, bei Weitem nicht aus, die Kapazität müsse von heute (bei Maximalleistung) 0,5 Gigawattstunden pro Tag mindestens um den Faktor 50 steigen, was mit derzeitiger Technologie unrealistisch erscheine. Am Flughafen brauche man außerdem zur H2-Lagerung Wasserstofftanks. Mindestens 70 Tanks à zehn Kubikmeter würden benötigt, die den Wasserstoff bei minus 253 Grad Celsius speichern. Jeder Liter H2 im Drucktank ergibt 845 Liter bei normalem Außendruck. Nach Berechnung der Unternehmensberatung verteuert sich der Ticketpreis eines Wasserstofffluges um etwa 13 Prozent. Dies liege aber noch innerhalb der 15-Prozent-Schwelle, die Passagiere akzeptierten und die ohnehin durch künftig verschärfte Carbon-Steuern verringert werde.

Wegen der Produktionsprobleme sei Wasserstoff mittelfristig nur als Nischenlösung tauglich. Hybrid-Triebwerke, die auch nachhaltigen Flüssigtreibstoff aus erneuerbaren Energien (SAF) nutzen könnten, seien dagegen eine bessere Entwicklungsrichtung, wenn man den Kohlendioxidausstoß in der Luftfahrt schnell senken wolle, so das Fazit der Kearney-Unternehmensberater.

Airplane and hydrogen tank trailer
ADP
Die Herstellung von grünem Wasserstoff in ausreichender Menge sei ein großes Problem. Der Alternative Antrieb eigne sich daher nur als Nischenlösung.

Neue Nurflügler docken an

Neue Treibstoffe werden nicht die einzige Veränderung sein, die auf die Flughäfen zukommt. Auch die Flugzeugformgebung dürfte zur Energieeinsparung bald strömungsgünstiger optimiert werden, etwa als Nurflügler oder Blended Wing Body mit stärker abgesetztem Rumpf. Vorteil dieser Formgebung ist, dass nahezu alle Teile der Struktur Auftrieb erzeugen und keine "tote" Rumpfröhre als Masse mitgeschleppt werden muss.

Für die Airports bahnt sich aber hierdurch, wie seinerzeit bei Einführung der Großraumflugzeuge, eine Umstellung an. Gates und Vorfeldflächen müssen künftig wohl auch auf die exotisch anmutenden, neuen Formen mit kurzer Länge, aber relativ hoher Spannweite ausgelegt werden. Insbesondere die noch offene, künftige Lage der Passagiertüren verspricht hier noch Überraschungen und baulichen Anpassungsbedarf bei den Terminals. Damit rückt die Frage der Kosten in den Blickpunkt: Wer wird die etwa 50 Jahre dauernde Umstellung der Flughäfen finanzieren? Airlines, Flughäfen, Passagiere, Steuerzahler oder alle ein wenig? Die ADV-Flughäfen investieren bereits in ihr verbindliches Ziel, bis zum Jahr 2045 "klimaneutral" zu werden und selbst kein CO2 mehr auszustoßen. Die Kosten dafür, in Milliardenhöhe, solle auch der Bund fördern, mahnt die ADV. Eine grundsätzliche Förderzusage habe der Bund bereits gegeben. Insgesamt gehe es auch um eine einheitliche europäische Umweltpolitik, damit sich der Luftverkehr nicht einfach in Gebiete mit weniger strengen Verpflichtungen verlagere, so die ADV.

DZYNE
Die Flughäfen müssen sich auch auf verbrauchssenkende Flugzeugformen, hier ein US-Konzept von DZYNE, einstellen.
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