Als sie noch flog, war die An-225 "Mrija" das aviatische Aushängeschild der Ukraine. Das gigantische Frachter-Unikat zog überall auf der Welt die Blicke auf sich, jedes Kind kannte den weiß-blau-gelben Sechsstrahler. Umso schwerer wog die Trauer, als die "Mrija" (deutsch: Traum) in den ersten Tagen des russischen Angriffs auf die Ukraine bei Kämpfen um den Antonow-Werksflugplatz Kiew-Hostomel zerstört wurde.
Trotzig verkündete die Ukraine kurz darauf, man werde das Riesenflugzeug wieder aufbauen und als Symbol der nationalen Stärke erneut abheben lassen. Erklärtes Herzstück dieser Pläne war ein Schatz, der seit den frühen 90er-Jahren eingemottet in einem Hangar des Antonow-Werks Kiew-Swjatoschyn auf bessere Zeiten wartet: der Rumpf und die Tragflächen einer zweiten, nie vollendeten An-225.
Kühner Traum in Trümmern?
Der Traum einer "Mrija 2.0" war kühn und eigentlich von vornherein utopisch – zu teuer, wirtschaftlich sinnlos und selbst nach einem "glimpflichen" Kriegsende in der Ukraine angesichts sehr viel dringlicherer Probleme kaum zu stemmen. Jetzt könnte es jedoch sein, dass dem Wunsch auch substantiell die Grundlage genommen wurde: Wie ein polnisches Medienportal berichtet, verübten die russischen Streitkräfte in der Nacht vom 11. auf den 12. April einen Luftangriff auf das Fabrikgelände in Swjatoschyn. Dabei soll auch der Hangar, in dem die zweite "Mrija" lagerte, zerstört oder zumindest stark beschädigt worden sein.
Quelle für den Bericht sind NASA-Satellitenaufnahmen des Werks in Swjatoschyn, die der X-Kanal "The Military Watch" veröffentlichte. Demnach soll die russische Attacke der Produktion von ukrainischen Angriffsdrohnen des Typs An-196 Lutyj gegolten haben, die in Swjatoschyn offenbar seit 2023 stattfindet. Diese "Wegwerfdrohnen" können bis zu 2.000 Kilometer weit fliegen und waren in jüngerer Vergangenheit verstärkt an Angriffen auf russische Öl-, Rüstungs- und Energieanlagen beteiligt.

Diese Aufnahme von NASA FIRMS zeigt nach dem russischen Angriff am 12. April starke Brände auf dem Flughafen Swjatoschyn. Einer der Hotspots ist der größte Hangar des Antonow-Werks.
Noch ist wenig klar
Offizielle Angaben zum Ausmaß der Schäden in Swjatoschyn gibt es bislang nicht, auch das Schicksal der zweiten An-225 ist deshalb noch ungeklärt. Da auf diversen Satellitenbildern des Antonow-Werks ein im Freien parkender Flugzeugrumpf erkennbar ist, gingen Beobachter wie der Kanal "The Military Watch" zunächst davon aus, dass es sich bei diesem um den Rumpf der unfertigen "Mrija" handelt, den die Fabrikmitarbeiter ins Freie gezogen hatten, um Platz für die Drohnenfertigung zu schaffen. Das war jedoch mutmaßlich ein Irrtum, denn es dürfte vielmehr der Torso einer ebenfalls nicht zu Ende gebauten An-124 sein. Die Komponenten der zweiten "Mrija" scheinen dagegen nach wie vor im Hangar zu lagern. Ob sie dadurch den russischen Angriff besser überstanden haben, ist aber unklar.