Eine Tote, 18 Schwer- und 161 Leichtverletzte: Dass Turbulenzen mehr als nur ein ungutes Gefühl auslösen können, zeigt Flug UAL 826. Eine Boeing 747-100 von United Airlines wurde auf dem Weg von Tokio nach Honolulu am 28. Dezember 1997 über dem Pazifik schwer durchgeschüttelt. Im Reiseflug wurde der Jumbo plötzlich um etwa 100 Fuß (30 Meter) angehoben und sackte kurz darauf um rund 300 Fuß (91 Meter) durch. Dabei traten laut Flugschreiber Kräfte von +1,8 bis -0,8 g auf. Die Kabine wurde verwüstet, doch das Flugzeug erlitt keine strukturellen Schäden. Der Kapitän entschied sich zur Rückkehr nach Narita.
Der Singapore-Zwischenfall
Ein ähnliches Szenario widerfuhr am 21. Mai dieses Jahres einer Boeing 777-300 von Singapore Airlines. Der Twinjet war mit 211 Passagieren und 18 Besatzungsmitglieder an Bord unterwegs von London-Heathrow nach Singapur, als er vor der Westküste von Myanmar in schwere Turbulenzen flog. Nach einem kontrollierten Sinkflug von 37.000 auf 31.000 Fuß entschieden sich die Piloten zur Ausweichlandung in Bangkok. Aich hier gab es an Bord einen Todesfall: Ein 73-jähriger Brite erlitt einen Herzinfarkt und verstarb noch vor der Landung, 23 weitere Fluggäste und sieben Crewmitglieder wurden unterschiedlich stark verletzt.

Turbulenzen entstehen durch aufsteigende Warmluft, im Lee von Gebirgen oder in der Nähe von Gewitterwolken.
Was sind Turbulenzen überhaupt?
Todesfälle sind zwar sehr selten, doch machen Airliner immer wieder unangenehme Bekanntschaft mit Turbulenzen. Dabei handelt es sich um Luftströmungen, in denen sich Wirbel bilden und wieder auflösen. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist Turbulenz in der Atmosphäre immer vorhanden und sorgt für einen Ausgleich von Gegensätzen. Man unterscheidet zwischen thermischer und dynamischer Turbulenz.
Thermische Turbulenz entsteht, wenn Warmluftblasen über erhitzten Flächen aufsteigen. Ist genügend Luftfeuchtigkeit vorhanden, können sich dann auch Schauer- und Gewitterwolken bilden. Dynamische Turbulenz entsteht durch Reibung der Luft an der Erdoberfläche, aber auch bei Veränderung der Windgeschwindigkeit zwischen zwei über- oder nebeneinander befindlichen Luftschichten. Man spricht dabei auch von Windscherung. Stärkere Windscherungen sind oft die Ursache sogenannter Clear Air Turbulences (CAT). Sie treten in wolkenfreier Luft in einer Höhe von sechs Kilometern und mehr auf und wurden auch UAL 826 zum Verhängnis. CAT gibt es in Verbindung mit dem Jetstream, aber auch in der Nähe von großen Quellwolken oder oberhalb von Gebirgen. CAT-Gebiete können sich horizontal über 500 Kilometer erstrecken und bis zu 600 Meter hoch sein.
Wie kann man Turbulenzen ausweichen?
Die internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO unterscheidet drei Turbulenzgrade: light (< 0,5 g), moderate (0,5 bis 1 g) und severe (> 1 g). Vor allem kurzlebige, aber gefährliche Windscherungen, wie sie bei Gewittern auftreten, sowie CAT sind schwer vorhersagbar. Dennoch ist ein gutes Wetterbriefing vor dem Flug wichtig, damit eine Route mit möglichst wenigen Beeinträchtigungen gewählt werden kann. Auch im Flug erhalten die Piloten aktuelle Hinweise auf Turbulenzen, und zwar entweder durch das bordeigene Wetterradar, über Datenlinks von den Wetterdiensten oder von anderen Piloten auf ihrer Strecke. Getestet werden auch LIDAR-Systeme (Light Detection and Ranging, Messung atmosphärischer Parameter per Laser) zur Früherkennung von CAT.
Vorsichtsmaßnahmen an Bord
In der Kabine wird es für die Insassen vor allem dann gefährlich, wenn durch die unruhige Luftfahrt lose Gegenstände umherfliegen, die für Verletzungen sorgen können. Und natürlich, wenn Fluggäste nicht angeschnallt sind, im Flugzeug umherlaufen – etwa zur Toilette – und von den Turbulenzen kalt erwischt werden. Die Anweisung der Flight Attendants, möglichst den ganzen Flug über angeschnallt zu bleiben, kommt also nicht von ungefähr. Dass Turbulenzen auch fatale Körperreaktionen auslösen können – wie im Singapore Airlines-Beispiel einen Herzinfarkt – bleibt wiederum ein anderes Risiko, das im Vorfeld schwer zu kalkulieren ist.