Die Iljuschin Il-96-300 mit dem Kennzeichen RA-96019 gehört zur Spezialflugabteilung der russischen Regierung. Als VIP-Flugzeug ist es der Arbeitsalltag des seltenen Vierstrahlers, Diplomaten und Repräsentanten der Russischen Föderation zu internationalen Zielen zu fliegen. In dieser Funktion war die RA-96019 zuletzt vom 29. Juni bis zum 5. Juli jenseits der russischen Grenzen unterwegs. Vom Moskauer Flughafen Wnukowo ging es in diesem Zeitraum nach Casablanca in Marokko für einen Tankstopp, weiter nach Havanna, Caracas und Managua und schließlich – abermals via Casablanca – zurück nach Moskau.
Die jüngste Reise der russischen Il-96 erregte jedoch deutlich mehr Aufsehen als dieser Trip nach Lateinamerika. Denn am 27. Juli verließ die RA-96019 ihre Heimat Wnukowo mit Flugziel Genf in der Schweiz. Dort ging die Weltkonferenz der Parlamentspräsidenten über die Bühne, die von der Interparlamentarischen Union (IPU) in Abstimmung mit den Vereinten Nationen organisiert wird und turnusgemäß alle fünf Jahre stattfindet. Auf ausdrückliche Einladung entsandte Russland eine Delegation, die von Walentina Matwijenko, der Vorsitzenden des russischen Föderationsrats, angeführt wurde. Die Schweiz hatte zuvor eigens die gegen Matwijenko und andere russische Vertreter verhängten Sanktionen vorübergehend aufgehoben.
Über Umwege in EU-Luftraum
So startete die Il-96-300 der russischen Regierungsflotte mit Matwijenko an Bord unter der Flugnummer RSD373 am Vormittag des 27. Juli um 10 Uhr Ortszeit in Moskau. Die normale Flugzeit bis Genf beträgt von dort aus etwa dreieinhalb Stunden – aber nur, wenn man über Polen, Tschechien und Deutschland fliegt. Alles Länder, deren Lufträume wegen des Ukraine-Krieges und seitens der EU gegen Russland verhängter Sanktionen seit dem 27. Februar 2022 für russisch registrierte Flugzeuge tabu sind. Die RA-96019 flog deshalb einen großen Umweg über die Türkei und das Mittelmeer – um dann jedoch am Stiefelabsatz von Italien abzudrehen und den Rest des Weges bis zur Schweizer Grenze komplett über italienisches Festland, und somit doch noch durch EU-Luftraum, zurückzulegen. Einer Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge, hatten Italien und Frankreich die Durchreise des russischen Flugzeugs kurz zuvor gestattet. Anders wäre die von EU-Staaten "umzingelte" Schweiz auch kaum per Flugzeug zu erreichen gewesen. Im Anflug auf Genf flog die Il-96 kurz auch über französisches Hoheitsgebiet.

Die Route der russischen Il-96-300 von Moskau über die Türkei, das Mittelmeer und Italien bis nach Genf.
Italienische Kampfjet-Eskorte
Insgesamt war die Iljuschin für die Reise in die Schweiz satte sieben Stunden und 31 Minuten unterwegs, davon knappe anderthalb Stunden im italienischen Luftraum. Laut unbestätigten Angaben wurden die Russen dabei von drei F-35-Stealth-Kampfjets der italienischen Luftwaffe eskortiert. Den Rückweg nach Moskau trat der Vierstrahler am frühen Nachmittag des 30. Juli an – auf derselben Route wie zuvor und somit abermals durch ganz Italien: vom Alpenrand bis zur Küste von Kalabrien. Auch bei diesem Flug sollen italienische F-35A die russische Maschine bis zum Verlassen des italienischen Luftraums eskortiert haben.