Als Student der Wirtschaftswissenschaften an der Elite-Universität Yale entwarf Frederick W. Smith, der parallel als Pilot jobbte, 1965 ein neuartiges Konzept für ein schnelles, nächtliches, computergesteuertes Expressfrachttransportsystem über einen einzelnen, zentralen Umschlagflughafen. Schon am nächsten Tag sollte jede Sendung ausgeliefert werden. "Das Konzept liest sich interessant, und es ist gut durchdacht, aber um besser als mit ‚befriedigend‘ bewertet werden zu können, müsste die Idee auch durchführbar sein", soll sein damaliger Professor skeptisch kommentiert haben. Doch Smith blieb bei seinem Plan. Nach dem Uni-Abschluss 1966 und vier Jahren beim US Marine Corps, darunter zwei "Touren" in Vietnam, unter anderem als Kampfbeobachter auf der OV-10A Bronco, gründete Smith, mittlerweile Hauptmann, 1971 seine eigene Firma. Die Zeit beim Marine Corps bezeichnete er später als für seine Entwicklung wichtiger als seine Universitätsausbildung. Smith räumte später ein, dass viele Führungsprinzipien bei FedEx von der Unteroffiziersausbildung beim Marine Corps inspiriert worden seien. Zum Beispiel: Nur wenn man sich um seine Leute gut kümmere, könnten diese anschließend gute Leistungen bringen.

Die Dassault Falcon 20, ein zweistrahliger Business Jet, bildete den Grundstock der FedEx-Frachtflotte.
Businessjets als Frachter
Anfang 1973 nahm Smith mit 14 Dassault-Falcon-20-Business-Jets den Flugbetrieb auf. Die französischen Frachter lieferten in der ersten Nacht 186 eilige Sendungen von ihrer Basis Memphis aus an 25 Zielorte in den USA. Zu Smiths Express-Konzept gehörte auch die nahtlose Verknüpfung des Lufttransports mit einer hauseigenen Sortierung und anschließender Auslieferung per Lkw. Von anfänglich 389 Mitarbeitern wuchs das Unternehmen unter dem Firmenmotto "People, Service, Profit", im Firmenjargon kurz "PSP" genannt, zum globalen Expressfrachtriesen heran und begründete damit einen neuen Branchenzweig mit. Am Anfang war die Finanzierung, wie bei vielen Start-ups, auf Kante genäht. Vor allem die Ölkrise Mitte der 1970er-Jahre brachte die junge Firma durch steigende Kosten unter Druck. Der Legende nach fuhr Smith in der schwierigsten Zeit, nach erfolglosen Kreditverhandlungen, mit den letzten 5000 Dollar des Unternehmens nach Las Vegas und machte daraus beim Blackjack 27 000 Dollar. Ein Omen, dass sich das Glück des Unternehmens wieder zum Besseren wenden sollte.

FedEx-Frachter warten in Los Angeles International auf die abendliche Anlieferung ihrer Expressfracht.
Mittelpunkt Memphis
Aber Smith kümmerte sich auch direkt um die große Politik, reiste früh in Zukunftsmärkte wie Indien, Vietnam und China. US-Präsident George W. Bush bot Smith, einem früheren Kommilitonen, wegen dessen politischer Talente sogar zweimal an, US-Verteidigungsminister zu werden, doch dieser schlug die Angebote aus und setzte lieber den Aufbau seines Unternehmens fort. Heute betreibt FedEx 705 Flugzeuge (inklusive Vertragspartner) und über 200 000 Fahrzeuge an rund 5000 Standorten und beschäftigt mehr als 500 000 Menschen, die täglich etwa 17 Millionen Sendungen befördern. Bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzte Firmengründer Smith schon früh Diskriminierungsfreiheit durch, wofür ihn das amerikanische Bürgerrechtsmuseum 2023 mit einem "Freedom Award" ehrte. Memphis in Tennessee erhielt seinerzeit den Standortzuschlag als Basis und Drehkreuz, weil die Stadt dank ihrer zentralen Lage in den USA einen günstigen Netzmittelpunkt mit abfertigungsfreundlichem, gemäßigtem Klima bildet. Zudem bot der Flughafen damals genug Hallen- und Erweiterungsflächen an und sagte die betriebliche Unterstützung seines neuen Kunden zu, dessen Konzept nur bei stets absolut pünktlicher Abfertigung aufgeht. Ab 1977 stießen mit sieben Boeing 727 größere Dreistrahler zur Flotte, nachdem der US-Kongress, nach zweijähriger Lobbyarbeit von FedEx, den US-Frachtmarkt dereguliert hatte. FedEx ging schon ein Jahr später an die Börse. 1981 öffnete das neue Logistikzentrum "Super Hub" am Flughafen Memphis, mit dem FedEx 1983 als erstes US-Unternehmen nach nur zehn Jahren die Schwelle von einer Milliarde Dollar Umsatz im Jahr überschritt. Ab 1984 wurden erstmals Ziele in Asien und Europa angesteuert. 1994 öffnete die Webseite, auf der jede Sendung auf ihrem Transportweg erstmals vom Absender und Empfänger mitverfolgt werden konnte. Ab 2008 löste der Zweistrahler Boeing 757 in der Flotte die lauteren und durstigeren 727 ab. Mittlerweile entwickelte sich FedEx zu einem Konzern. Neben die eigentliche Frachtairline (heute FedEx Express) traten Töchter für Bodenverkehr, Logistik, Dienstleistungen sowie Datenbankbetrieb und -analyse (FedEx Express, FedEx Ground, FedEx Freight, FedEx Services, FedEx Office, FedEx Logistics, FedEx Dataworks).

Firmengründer Fred Smith ließ sich zum 50. FedEx-Jubiläum 2023 von der amerikanischen Star-Fotografin Annie Leibovitz vor seiner Flotte ablichten.
Marines-Mäzen
Seit 2005 steuert FedEx mit Köln auch einen Flughafen in Deutschland direkt an. Europadrehkreuz und größtes FedEx-Drehkreuz außerhalb von Memphis ist jedoch der Pariser Flughafen Roissy Charles de Gaulle. Das europäische Hauptquartier befindet sich dagegen im niederländischen Hoofddorp. Neben Köln gibt es in Lüttich, Kopenhagen und Mailand-Malpensa noch weitere europäische Frachtbasen. 2022 zog sich Smith aus dem Tagesgeschäft zurück, das er an den Chemiker und Wirtschaftswissenschaftler Raj Subramaniam übergab, und wechselte in die Rolle des Chairman. Als Stifter förderte er die Erinnerung an die Leistungen des US Marine Corps, etwa indem er einen Kino-Spielfilm über den ersten farbigen Piloten der US Navy, Jesse Brown, finanzierte, aber auch die Gründung eines eigenen Museums der Marineinfanterie und diverse Veteranenprojekte. Smith, Vater von zehn Kindern aus zwei Ehen, starb mit 80 Jahren am 21. Juni in Memphis. "Fred war mehr als ein Branchenpionier und Gründer. Er war mit Leib und Seele FedEx und prägte unsere PSP-Kultur, unsere Werte, Integrität und unser Wesen. Er förderte viele und inspirierte uns alle", sagte Raj Subramaniam.

Heutiges Flaggschiff ist der Riesentwin Boeing 777F.
FedEx-Datenpaket
IATA-Code: FX
ICAO-Code: FDX
Rufzeichen: FEDEX
Flotte: Airbus A300-600R-Frachter (64), Boeing 757-200SF (87), Boeing 767-300F (146 + 6 bestellt), Boeing 777F (59 + 8 bestellt), Boeing MD-11F (25); Außerdem Partnerairlines mit ATR42F, ATR72F, Cessna Caravan und SkyCourier
Zielflughäfen: 650 in 220 Staaten und Territorien Jahresumsatz 2024: 87,7 Mrd. Dollar
Nettoergebnis 2024: 4,48 Mrd. Dollar