Die Fu-Go-Ballonbombe: Als Japan Amerika mit Ballons angriff

Die Fu-Go-Ballonbombe
Als Japan Amerika mit Ballons angriff

Inhalt von
Veröffentlicht am 25.05.2025

Während des Zweiten Weltkrieges gelang es Japan mehrmals, das US-Festland anzugreifen. Einerseits durch den Einsatz von U-Booten und U-Boot-gestützten Flugzeugen, andererseits durch den massiven Einsatz von Ballonbomben. Das Kaiserreich hatte bereits im Jahr 1905 während des Japanisch-Russischen Krieges zu Aufklärungszwecken auf bemannte Ballone zurückgegriffen. Aber erst 1944 sollte dieBallontechnik auch offensiv genutzt werden. Der Gedanke hinter dem Projekt war relativ simpel. Mit Brand- und Sprengbomben bestückte Ballone, in Massen produziert, sollten an der Westküste der USA für ausgedehnte Waldbrände und Panik sorgen. Durch den Jetstream war es möglich, Ballone mit enormen Geschwindigkeiten von ca. 320 km/h in nur drei Tagen in die USA zu schicken. Unter der Bezeichnung "Fusen bakudan" (dt.: Feuerbomben/Feuerballone) begann man ein Design auszuarbeiten. Als Material für die Ballonhülle entschied man sich anfangs noch für gummierte Seide. Das Gros der Ballone wurde allerdings aus Japanpapier gefertigt. Hierbei handelte es sich um ein gasdichteres Papier, das aus dem Maulbeerbaum gewonnen wurde. Als Leim diente eine Paste, die aus der Teufelszunge hergestellt wurde. Diese war essbar, weshalb hungrige Arbeiter sich immer wieder am Vorrat selbst bedienten. Für die Hauptarbeiten an diesem streng geheimen Projekt wurden viele zehnjährige Mädchen verpflichtet. Ihre Hände waren klein und geschickt genug, die zum Teil filigranen Arbeiten an der Hülle auszuführen. Um sich nicht zu verletzen, mussten sie Handschuhe tragen, und ihre Fingernägel mussten kurz gehalten werden. Das Tragen von Haarnadeln war verständlicherweise strikt untersagt.

Von den Amerikanern abgefangene japanische Fu-Go-Ballonbombe
KL-Dokumentation

Produktionsverlauf

Da die Produktion viel Platz beanspruchte, wurden zum Beispiel Sport- und Sumohallen requiriert. Für den benötigten Wasserstoff wurden drei Fabriken gebaut, von denen zwei jedoch gegen Ende des Projekts von B-29 vernichtet wurden. Der Plan des Oberkommandos sah vor, 7500 15-kg-Sprengbomben, 30 000 Fünf-kg- sowie 7500 Zwölf-kg-Brandbomben über den USA abzuwerfen. Hierzu wurden 15 000 Ballone benötigt, von denen 500 im November und 3500 im Dezember 1944 starten sollten. Im Januar und im Februar 1945 sollten jeweils 4500 und im März 2000 Fu-Gos auf die Reise geschickt werden. Die Standardbestückung jedes Ballons lag bei fünf Zwölf-kg-Brandbomben sowie einer 15-kg-Sprengbombe, die über äußerst empfindliche Zünder verfügten. Um dieses Gewicht tragen zu können, hatte die Ballonhülle einen Durchmesser von zehn Metern und war mit 540 Kubikmeter Wasserstoff gefüllt.

Schwarz-weißes Foto einer japanischen Fu-Go-Ballonbombe
KL-Dokumentation

Mit dem Jetstream in die USA

Auf Meereshöhe konnte der Brandballon ein Gewicht von 400 Kilogramm befördern. Dieses sank aber auf 10 000 Metern auf nur noch 200 Kilogramm. Ein Kontrollsystem, welches an einen Höhenmesser angeschlossen war, regelte die Flughöhe. Stieg der Ballon über 11 600 Meter oder wurde der Hüllendruck zu hoch, öffnete sich ein Ventil, und Wasserstoff wurde abgelassen. Sank der Ballon unter 9000 Meter, ließ ein Mechanismus zwei der mitgeführten Sandsäcke fallen und leitete so den Steigflug ein. Nach zwei Tagen war der Ballast verbraucht,am dritten Tag sollte sich der Ballon am Ziel befinden unddie Bomben automatisch abwerfen. Eine 19,5 Meter lange Zündschnur sorgte dafür, dass sich der nun unbeladene Ballon nach weiteren 84 Minuten selbst zerstörte. Im November 1944 waren alle Tests abgeschlossen.Der Projektleiter, Major Takada, beobachtete, wie der erste Fu-Go aufstieg. Die US-Behörden realisierten erst Anfang 1945, dass irgendetwas vor sich ging. Meldungen über Ballone und Explosionen in Alaska und Kalifornien machten die Runde. Dann meldeten Augenzeugen im Bundesstaat Wyoming, wie über der Stadt Thermopolis kleine Fallschirme niedergingen. Es dauerte nicht lange, und den USA ging ein intakter Ballon ins Netz. Jagdflugzeuge hatten die Hülle beschädigt.Der Ballon glitt langsam zu Boden, ohne dass seine Ladung explodierte. Insgesamt konnte die Luftwaffe nicht einmal 20 Fu-Gos abschießen. Einziges Opfer war eine Familie aus dem Bundesstaat Oregon. Beim Fischen entdeckten sie einen am Boden liegenden Ballon und näherten sich ihm. Dieser explodierteplötzlich und tötete die Frau und ihre fünf Kinder. In Japan propagierte man hingegen, dass die USA tausende Tote zu beklagen hätten, die amerikanische Bevölkerung in Panik sei und dass überall an der Westküste massive Waldbrände ausgebrochen wären. Letzteres war ebenfalls nur Propaganda, was aber nicht an den Ballonen lag, sondern daran, dass die Japaner die Waldgebiete nicht im Sommer bombardierten. So war das Holz feucht und der Schaden minimal.

Japanische Fu-Go-Ballonbombe im Flug
KL-Dokumentation

Projektende und Bilanz

Einen markanten Erfolg hatte die Ballonbombe allerdings doch zu verzeichnen. Am 10. März 1945 verfing sich ein Fu-Go in einer Hochspannungsleitung. Diese führte zu dem Reaktor, der für das "Manhattan"-Projekt (Bau der amerikanischen Atombombe) Plutonium anreicherte. Der Reaktor musste kurzzeitig heruntergefahren werden. Niemand in den USA konnte sich anfangs vorstellen, dass Japans Geheimwaffe über den ganzen Pazifik geflogen kam. Am plausibelsten schien der Start von einem U-Boot vor der Küste. Doch als man den Sand, der sich in den Säcken an den Ballonen befand, analysierte, wurde man eines Besseren belehrt. Rund 300 Fu-Gos wurden in den USA registriert. Es werden aber wohl um die 1000 gewesen sein, die ihr Ziel erreichten. Im April 1945 wurde das Projekt beendet. Abschließend kann man sagen, dass die Ballonbomben, hätten sie im Sommer ihre Ziele erreicht, großen Schaden hätten anrichten können. Eine weitere Einsatzmöglichkeit hätte der Abwurf von biologischen und chemischen Kampfstoffen sein können. Die japanische Einheit 731 entwickelte und testete Pestbakterien, die von der Heeresluftwaffe über chinesischen Dörfern abgeworfen wurden und die Bevölkerung infizierte. Man kann sich vorstellen, was Fu-Gos mit entsprechender Ladung in einer Großstadt wie San Francisco angerichtet hätten. Doch zum Glück wurde von dieser Art der Kriegsführung gegenüber den USA abgesehen.

Zeichnung einer japanischen Fu-Go-Ballonbombe
Archiv Daus

Daten

Fu-Go-Ballonbombe

Hersteller: Japanische Marine

Verwendung: Brand- und Sprengballon

Besatzung: keine

Durchmesser Hülle: 10 m

Füllmenge Wasserstoff: 530 m³

Maximale Reichweite: unbekannt, aber mehr als 8000 km

Marschgeschwindigkeit: ca. 320 km/h

Optimale Einsatzhöhe: über 9000 m bis maximal 11 600 m

Gesamtgewicht mit Bomben: ca. 900 kg

Gebaute Stückzahl: über 9300

Standardzuladung: fünf 12-kg-Brandbomben und eine 15-kg-Sprengbombe