Vier Tu-160M aus Kasan: Russlands neues Bomber-Quartett

Die vier Tu-160M aus Kasan
Hier steht Russlands neues „Blackjack“-Quartett

Veröffentlicht am 12.03.2024

Die Tupolew Tu-160 ist und bleibt eine majestätische Erscheinung. Strahlend weiß, elegant und riesengroß, zählt sie – ungeachtet ihrer todbringenden Wirkung – zu den faszinierendsten Flugzeugen der Gegenwart. Doch das größte Kampfflugzeug der Welt, im Dienst seit 1987, ist in die Jahre gekommen. Und so arbeiten Russlands Flugzeugbauer seit geraumer Zeit daran, die überschaubare Bestandsflotte von derzeit 16 Flugzeugen technisch für die Zukunft zu rüsten – und zugleich, nach Jahren des Stillstands, auch wieder komplett neue Tu-160 zu bauen.

Tupolew Tu-160M in Aktion
Rostec

Ein Bomber namens Walentina

Vorerst zehn neue "Blackjacks", so der NATO-Codename für die Tu-160, hat die russische Regierung bei Tupolew in Auftrag gegeben. Ursprünglich bezeichnet als Tu-160M2, tragen auch sie inzwischen, genau wie ihre modernisierten Schwestern, nur noch die Bezeichnung Tu-160M. Gefertigt werden sie im Flugzeugwerk Kasan – dort, wo auch sämtliche bisher gebauten Tu-160 aus der Halle rollten. Die erste Maschine aus diesem Los, benannt nach der Kosmonautin Walentina Tereschkowa, startete am 12. Januar 2022 zum Erstflug. Nach werksinternen Flugtests wurde der Mach 2-Schwenkflügler Ende 2022 an die Flugtestabteilung der russischen Luftwaffe übertragen. Jetzt steht der Bomber namens Walentina im Auslieferungshangar von Kasan – gemeinsam mit drei weiteren strahlend weiß lackierten "Blackjacks."

Vier Tu-160M zur Lieferung

In einer offiziellen Erklärung konstatierte Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu Ende Februar, dass "die Lieferung von vier strategischen Tu-160M-Raketenträgern an die nuklearen Streitkräfte der strategischen Luftfahrt abgeschlossen ist." Am 23. Februar nahm Präsident Wladimir Putin bei seinem Werksbesuch in Kasan die insgesamt vier Tu-160M in Augenschein. Dabei traf Putin auf die folgenden Exemplare:

  • "Valentina Tereschkowa" (Neuflugzeug, RF-66017, taktische Kennung 21 rot)
  • "Alexander Molodchy" (modernisierte Tu-160, RF-94106, taktische Kennung 07 rot)
  • "Ilja Muromez" (modernisierte Tu-160, RF-94105, taktische Kennung 06 rot)
  • "Mintimer Schaimijew" (Neuflugzeug, taktische Kennung 22 rot)

Letztere Tu-160M feierte ihren Erstflug im Juli 2023. Die Benennung nach dem tatarischen Politiker Schaimijew schlug Putin laut Presseberichten erst anlässlich seines Besuchs vor Ort vor. Eine weitere neue Tu-160M mit dem designierten Kennzeichen 23 rot soll sich in Kasan ebenfalls in den letzten Zügen ihrer Fertigstellung befinden. Das Bestandsflugzeug "Alexander Molodchy", benannt nach einem sowjet-ukrainischen Bomberpiloten, war im Mai 2000 als eine der letzten Tu-160 der ersten Generation an die Luftstreikräfte übergeben worden. Die bereits 1994 vollendete "Ilja Muromez" nimmt derweil unter den vier ausgelieferten Maschinen die Methusalem-Rolle ein.

Vier Tu-160M in der Auslieferungshalle von Kasan.
UAC (OAK)

Russischer Kraftakt

In welchem Maße die Russen bei der Produktion neuer Tu-160M noch auf bereits vorhandene Komponenten aus den 90er-Jahren zurückgreifen können, ist unklar. Klar ist jedoch, dass der Wiederaufbau der Produktion einen hohen technischen und logistischen Aufwand erforderte – mussten doch sämtliche Konstruktionsunterlagen zunächst digitalisiert werden. Auch der Vergessenheit anheimgefallene Fertigkeiten, das Vakuumschweißen großer Titanstrukturen mit dem Elektronenstrahl etwa, galt es neu zu beleben. An der Wiederaufnahme der Tu-160M-Produktion wirken, unter der Federführung des Staatskonzerns Rostec, rund 200 Unternehmen mit.

Vier Tu-160M in der Auslieferungshalle von Kasan.
UAC (OAK)

Was ist an der Tu-160M neu?

Technisch unterscheiden sich die fabrikneuen von den runderneuerten Tu-160M nicht, denn an der Zelle selbst haben die Russen kaum etwas verändert. Ansonsten aber lag Kreml-Chef Putin nicht ganz verkehrt, als er die Tu-160M nach einem Mitflug in der "Ilja Muromez" gegenüber der Vorgängergeneration als "in vielerlei Hinsicht neues Flugzeug" bezeichnete. So besitzt die Tu-160M ein digitales, automatisiertes Cockpit mit neuer Navigations- und Kommunikationssuite und neuer Flugsteuerung. Ein zeitgemäßer Autopilot, ein neues Radarsystem, neue Waffenkontroll- und erweiterte Selbstschutzsysteme gegen aktuelle Bedrohungslagen zählen ebenfalls zum Upgrade-Paket. Auch für das Feld der elektronischen Kampfführung ist die Tu-160M künftig gerüstet. Darüber hinaus kann der neue "Weiße Schwan" – so der Spitzname der Tu-160 in Russland – mit einem erweiterten Waffenarsenal bestückt werden. Dazu zählt zum Beispiel der Marschflugkörper Ch-BD mit angeblich mehr als 6.500 Kilometern Reichweite.

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Optimiertes Monster-Triebwerk

Apropos Reichweite: Die maximale Flugdauer der Tu-160M soll jene der alten Tu-160 deutlich übertreffen. Verantwortlich hierfür ist das verbesserte Triebwerk NK-32-02 von Kusnezow, das an der "Blackjack" wie gehabt in vierfacher Ausführung mit Nachbrenner zum Einsatz kommt. Wie das bisher verwendete NK-32 der ersten Serie leistet das NK-32-02 bis zu 245 kN Schub, was es nebenbei zum leistungsstärksten in Serie gebauten Strahltriebwerk der Geschichte macht. Die überarbeitete Variante mit optimierten Verdichter- und Turbinenschaufeln soll jedoch deutlich sparsamer arbeiten – und der Tu-160M auf diese Weise rund 1.500 Kilometer mehr Reichweite bescheren.