Wie die US Air Force nun mitteilte, hat es bereits in vergangenem Jahr im Luftraum über der Edwards Air Force Base einen möglicherweise wegweisenden Durchbruch gegeben. Zum ersten Mal flog im September 2023 ein von einer Künstlichen Intelligenz gesteuertes Kampfflugzeug nicht nur autonom, sondern führte einen komplexen Luftkampf durch.

Die KI lernte die Luftkampfmanöver laut USAF eigenständig.
X-62A im Dogfight
Zum Einsatz kam eine erheblich modifizierte Ausführung der F-16: Die X-62A VISTA (Variable Stability In-flight Simulator Test Aircraft) verfügt über eine variable Flugsteuerung, mit der sich verschiedene Flugzeugmuster simulieren lassen. Sie kommt daher auch bei der Ausbildung von Testpiloten zum Einsatz. Für die autonomen Versuche erhielt sie im Rahmen des Air-Combat-Evolution-Programms (ACE) der DARPA eine spezielle Software, die eigenständig Luftkampfmanöver durchführen kann. Aus Sicherheitsgründen befand sich während der Tests ein Pilot an Bord. Schon vorher hatte sie autonome Flüge durchgeführt – aber noch nie im "Dogfight".
Selbst lernende KI
Das ACE-Projekt läuft bereits seit vier Jahren. Dabei fütterten die Programmierer die Software nicht etwa mit Berichten echter Luftkämpfe, wie Programmchef Oberstleutnant Ryan Hefron in einem Briefing ausführte. Stattdessen erlaubten sie der KI, unzählige Manöver zu simulieren und so den Dogfight "selbst zu lernen". Vereinfacht ausgedrückt, erhielt sie für "richtige" Manöver eine Belohnung, und eine Korrektur bei "falschen" Maßnahmen. In den folgenden Computer-Simulationen erwies sich das System meist als siegreich über die menschlichen Gegner – aber auch nur, weil es die strukturellen Limits der F-16 ignorierte. Für die Flugversuche mussten die Ingenieure diese Regeln selbstverständlich einpflegen.
Ergebnisse geheim
Während der Luftkämpfe flog die X-62 mit bis zu Mach 2 und näherte sich den als Gegner dienenden, bemannten F-16 bis auf 2000 Fuß (610 Meter). Laut Hefron musste der Sicherheitspilot an Bord zu keiner Zeit eingreifen. Wie die Duelle jeweils ausgegangen sind, bleibt jedoch geheim. Seit jeher gilt der Kurvenkampf als eine der schwersten und gefährlichsten Disziplinen in der Luftfahrt, wie zahlreiche Unfälle nach Kollisionen zeigen: laut USAF kam es allein in den Jahren 2000 bis 2016 mit F-16 und F/A-18 zu 27 Zusammenstößen mit 32 zerstörten Flugzeugen. Umso wichtiger ist der sichere und zuverlässige Betrieb des KI-Systems, auch im Hinblick auf das CCA-Vorhaben der USA.

In Zukunft sollen unbemannte, autonome Fluggeräte neben den bemannten Kampfflugzeugen der US Air Force fliegen.
Politiker soll mitfliegen
In Zukunft will das Pentagon mehr als Tausend dieser unbemannten Collaborative Combat Aircraft einführen, die ab Ende dieses Jahrzehnts eigenständig Missionen durchführen sollen. Allein für die nächsten fünf Jahre hat die USAF dazu 8,9 Milliarden Dollar bereitgestellt. Aus diesem Grund muss ACE entsprechende Erfahrungen bereitstellen. Gleichzeitig laufen auf der Eglin AFB in Florida weitere Versuche. Im VENOM-Programm modifiziert die USAF sechs F-16 für den autonomen Betrieb (Viper Experimentation and Next-gen Operations Model – Autonomy Flying Testbed). Um das Vertrauen in das neue System zu demonstrieren, soll noch in diesem Jahr eine der "Roboter-F-16" mit einem prominenten Passagier an Bord starten: Air-Force-Secretary Frank Kendall. Der Politiker will sich damit vom Stand der Technik überzeugen.
Risiken durch manipulierte Daten
Bei allen Fortschritten gibt es auch warnende Stimmen. So wies die Software-Chefin der US Army vor kurzem auf einer Konferenz auf die Gefahr der Korrumpierung der Systeme hin. Laut Jennifer Swanson könnten mögliche Gegner die zum Füttern der Künstlichen Intelligenzen genutzten Daten "vergiften" und so Algorithmen sabotieren.