Wieder scheinen es zwei Flugzeuge zu sein, die in der Woche vor Ostern von ihrer Entstehungsstätte in Nowosibirsk zum Einsatzdienst bei den russischen Luftstreitkräften starteten. Eine neue "Charge" Suchoi Su-34 habe Russlands Militär erhalten, schrieb der Staatskonzern Rostec am 19. April. Die zweisitzigen "Frontbomber" mit dem Entengesicht, die seit 2006 im Tschkalow-Flugzeugwerk in Serie gebaut werden, zählen zu den zentralen Stützen in der Luftkriegsführung Russlands. Im Krieg gegen die Ukraine spielen die Su-34 eine Hauptrolle und starteten – nach Angaben des damaligen russischen Verteidigungsministers Schoigu – in der Hochphase zeitweise zu vier bis fünf Kampfeinsätzen täglich.
Die Su-34 setzen bei ihren Angriffen unter anderem die drei Tonnen schwere "Monster-Gleitbombe" FAB-3000 ein, auch die Hyperschallrakete Kinschal zählt seit spätestens 2023 zum möglichen Waffenarsenal des Jagdbombers. Zuvor galt die 3.000 km/h schnelle Mikojan-Gurewitsch MiG-31 als einziger Kinschal-Träger im Kampfjet-Repertoire der Russen. Die Kehrseite dieser regen Aktivitäten ist, dass die Su-34 die mutmaßlich höchste Verlustrate aller von Russland eingesetzten Flugzeugmuster im Ukraine-Krieg aufweist. Wohl um die drei Dutzend Maschinen gingen bislang verloren oder wurden stark beschädigt, vor allem in der ersten Kriegsphase. Nicht alle Ausfälle geschahen jedoch durch Feindeinwirkung, wie etwa der jüngste Zwischenfall am 22. März belegt, als eine Su-34 auf der russischen Basis Lipezk eine Bauchlandung ohne Fahrwerk hinlegte.
"Frontbomber"-Lieferungen
Die russische Rüstungsindustrie bemüht sich seit Längerem, neben intensivierten Instandsetzungsmaßnahmen für die Bestandsflotte auch die Produktion neuer Su-34 zu steigern. Derzeit dürften etwa 120 Su-34 bei der russischen Luftwaffe im Dienst stehen. Pläne der russischen Regierung sehen vor, bis Ende 2027 insgesamt 76 weitere Su-34 zu beschaffen – wobei ein erster Vertrag über vorerst 24 Maschinen im August 2020 unterzeichnet wurde, gefolgt von einer weiteren Bestellung über 15 Exemplare im Herbst 2022. Ob darüber hinaus eine feste Order erfolgte, ist nicht bekannt. Im vergangenen Jahr lieferte Rostec in Nowosibirsk neue Su-34 in fünf Chargen aus – im April, Juni, September, Oktober, November und Dezember 2024. In Summe dürften dabei zehn "Frontbomber" an die Truppe gegangen sein, während es im Vorjahr sechs waren – vermutlich, denn seit der Invasion in der Ukraine nennen die Russen offiziell für Kampfflugzeuge keine Lieferzahlen mehr.
Verbesserte Su-34M
Die aktuell gebaute Variante Su-34M (Su-34NWO) wird seit spätestens Herbst 2022 ausgeliefert und bietet gegenüber dem Basismodell einige Verbesserungen. So erhalten die neuen Su-34M ab Werk einen neuen Zentralrechner mit russischen Elbrus-Pozessoren für die Zielsuch- und Navigationssuite. Außerdem verpasste Suchoi seinem "Frontbomber" ein umfassendes Radar-Upgrade samt automatischem Tiefflugsystem und digitaler Karte. Die Su-34M verfügt ferner über ein neues elektrooptisches Infrarot-Zielsystem und erweiterte Selbstschutzmaßnahmen. Dazu soll unter anderem das nach hinten gerichtete Kopjo-DL-Radar gehören, das die Piloten vor heranfliegenden Raketen warnt. Dazu kommt der unterm Rumpf montierbare, modulare Behälter UKR, der in drei Varianten verfügbar ist und das Einsatzspektrum der Su-34M abermals erweitert: mit dem leistungsstarken Seitensichtradar Pika-M (Version RL), mit optischer Kamera und Infrarot-Scanner (OE) sowie mit einer SIGINT-Ausstattung für die elektronische Aufklärung (RT).
Im Verbund mit neuen Waffen wie dem Seezielflugkörper Ch-35U und der lasergelenkten Luft-Boden-Rakete Ch-38ML sowie deren Derivat "Grom" (Donner), der Luft-Luft-Rakete R-77-1 sowie der bereits erwähnten Gleitbombe FAB-3000 will Rostec die Kampfkraft der Su-34M im Vergleich zu älteren Su-34 nach eigener Auskunft verdoppelt haben – und plant nicht zuletzt deshalb, die Bestandsflotte der russischen Luftwaffe sukzessive auf den aktuellen Standard zu modernisieren. Eine Spezialversion für die elektronische Kampfführung ist ebenfalls in der Mache.
Bescheidene Stückzahlen
Die Stückzahlen, die Rostec von seiner "Höllenente" fertigt, muten – global betrachtet – derweil weiter recht bescheiden an. Zwar gibt Wadim Badecha, Chef der Flugzeugbau-Holding und Rostec-Tochter UAC, zu Protokoll, die Produktion "des Frontbombers Su-34" habe sich "in zwei Jahren mehr als verdoppelt". Bei bislang zwei ausgelieferten Exemplaren im laufenden Jahr, zehn 2024 und deren sechs im Jahr davor ist das rein quantitativ aber dennoch nicht besonders viel – wenngleich die Lieferungen weitgehend im Rahmen der vertraglich vereinbarten Ziele liegen dürften. Jedenfalls wiegen sie die Verluste der russischen Luftwaffe im Ukraine-Krieg zahlenmäßig bislang nicht auf.