Türkisches Triebwerk für türkischen Stealth-Fighter: TF35000 soll Kaan antreiben

TF35000 soll Kaan antreiben
Türkisches Triebwerk für türkischen Stealth-Fighter

Zuletzt aktualisiert am 20.05.2025

An großen Worten mangelt es in der Türkei selten. So spart denn auch Triebwerksbauer TEI (Tusaş Engine Industries) aus Eskişehir für sein neues, zukünftiges Flaggschiff nicht mit Vorschusslorbeeren. Am 15. Mai kündigte TEI auf seiner Webseite erstmals offiziell den Turbofan TF35000 an, der dem türkischen Stealth-Fighter Kaan auf den Leib geschneidert wird – und mit 35.000 Pfund (knapp 156 Kilonewton) Schub dem bislang für den Kaan genutzten GE-Triebwerk F110-GE-129 aus den USA (131 Kilonewton) klar überlegen sein soll. Erklärte Referenz der Türken ist das F119 von Pratt & Whitney, das mit Nachbrenner ebenfalls knapp 156 Kilonewton leistet und exklusiv für den US-Superfighter F-22 Raptor von Lockheed Martin gebaut wurde.

TEI feiert das TF35000 in seiner Produktankündigung als "einen der größten Durchbrüche der Türkei im Bereich der Flugtriebwerke". Der neue Turbofan, zwei davon sollen im Kaan Einzug halten, biete "mit seinem einzigartigen Design" die für den neuen Fighter geforderte "überlegene Leistung und Haltbarkeit" und verfüge über alle Eigenschaften, um die Anforderungen an ein Kampfflugzeug der fünften Generation zu erfüllen. Dazu zählt insbesondere Supercruise (Überschall im Reiseflug ohne Nachbrennernutzung) für einen möglichst effizienten Betrieb. Das TF35000 werde "einen hohen Schub bei geringem Kraftstoffverbrauch" mitbringen und für den Langstreckeneinsatz gewappnet sein, prophezeit TEI. "Dank dieses Antriebs erhält unser Land die Kompetenz, ein Originaltriebwerk mit der für Kampfjets der fünften Generation erforderlichen Spitzentechnologie zu entwickeln."

"Eines der drei besten Triebwerke"

TEI schreibt weiter, beim TF35000 kämen "hochtemperaturbeständige Superlegierungen sowie fortschrittliche Beschichtungs- und Kühltechnologien" zum Einsatz. Weitere Details finden sich auf der Webseite des Unternehmens bislang nicht. Auch einen konkreten Zeithorizont oder Angaben zum Entwicklungsstand des Triebwerks sucht man fürs Erste vergebens. TEI-Geschäftsführer Mahmut Akşit erklärte im April auf dem Teknofest in Nordzypern lediglich, dass das TF35000 "einer der drei besten Motoren seiner Klasse weltweit" werden würde, und machte klar, dass das Projekt rasch voranschreite.

Nicht aus der Luft gegriffen

Was den Bau eigener Strahltriebwerke angeht, tat sich die Türkei bis dato nicht mit serienreifen Entwicklungen hervor. Im Frühjahr 2024 zündete TEI mit dem TF6000 gleichwohl auf dem Prüfstand den ersten selbst entwickelten Turbofan. Das TF6000 spielt mit 6.000 Pfund (knapp 27 Kilonewton) Schub in einer deutlich kleineren Liga als das jetzt angekündigte TF35000 und ist für Einsätze in strahlgetriebenen Kampfdrohnen wie der Baykar Bayraktar Kızılelma oder der TAI Anka 3 vorgesehen, die aktuell noch mit ukrainischen Triebwerken von Iwtschenko-Progress fliegen. Dennoch dürfte es den TEI-Ingenieuren wichtige Erkenntnisse für ihr geplantes "Meisterstück" TF35000 liefern. Mit dem Projekt TF6000 habe die Türkei "zum ersten Mal die Entwurfs-, Entwicklungs- und Fertigungsphasen eines Turbofan-Triebwerks und seiner Subsysteme" komplett selbst vorgenommen und "somit entscheidende Technologien erlangt", fasste der Chef der türkischen Verteidigungsindustrie, Prof. Dr. Haluk Görgün, seinerzeit den Stellenwert des Erstlings nach dem erfolgreichen ersten Testlauf am 9. März 2024 zusammen. Die Türkei sieht das TF6000 deshalb ausdrücklich auch als Tech-Demonstrator für ein Kaan-Triebwerk – und als Beleg, dass die großen Ambitionen auf dem hochkomplexen Feld des Triebwerksbaus eine reale Grundlage besitzen.

Geopolitisch bedeutsam

Tatsächlich würde ein einheimischer Motor für den einheimischen Kampfjet der Türkei ein hohes Maß an Autarkie verleihen. Schließlich stellt das Triebwerk, zusammen mit dem Schleudersitz, der von Martin-Baker stammt, die einzige große Kaan-Baugruppe dar, die die Türken noch aus dem Ausland beziehen müssen. Mit einem serienreifen TEI-Antrieb wäre das Kaan-Projekt nicht länger abhängig von der Lieferung neuer F110-Turbofans aus den USA – was den Kampfjet auch auf dem Exportmarkt interessanter machen würde für Nationen, deren Verhältnis zu den Vereinigten Staaten ein, sagen wir, eher distanziertes ist. Über Kooperationen mit der Ukraine, traditionell eine Hausnummer in Sachen Triebwerksbau, konnten sich TEI und andere beteiligte Unternehmen aus der Türkei in der Vergangenheit bereits wichtiges Knowhow aneignen. Wie schnell und wie zielführend die TEI-Ingenieure ihr neues Prestigeprojekt jedoch zu zählbaren Ergebnissen führen können, bleibt trotzdem abzuwarten.