Dieser russische Superjet hätte in Westeuropa fliegen sollen: Erstflug mit PD-8-Triebwerk

Erstflug mit russischem Triebwerk
Dieser Superjet hätte in Westeuropa fliegen sollen

Veröffentlicht am 20.03.2025

In Komsomolsk am Amur, im Fernen Osten Russlands, liegt auch Mitte März noch Schnee. Doch die Sonne strahlte, als dort am vergangenen Montag der Jakowlew (ehemals Suchoi) Superjet mit der Testkennung 97012 an den Start rollte. Dem kleinen Zweistrahler stand ein besonderer Flug bevor – der erste überhaupt mit dem in Russland neu entwickelten PD-8-Turbofan von Awiadwigatel. Für die russische Luftfahrtindustrie war es deshalb ein wichtiger Tag, hängt das Programm zur "Russifizierung" des Musters, zu dem neben dem Triebwerkstausch noch etwa 40 andere Baustellen gehören, doch dem Zeitplan hinterher.

Der Superjet 97012 machte seine Sache gut: Er blieb, pilotiert von den Testpiloten Dimitri Demenew und Igor Grewtsew, etwa 40 Minuten in der Luft, flog rund 500 km/h schnell und bis zu 3.000 Meter hoch. Die Triebwerke und alle anderern Systeme funktionierten wie erwartet und stabil, "die Flugaufgabe wurde vollständig erfüllt", gab die staatliche Flugzeugbau-Holding UAC im Anschluss zu Protokoll. Der Erstflug mit PD-8 öffne die Tür für "eine neue wichtige Etappe bei der Erprobung des Triebwerks als Teil des Flugzeugs." Die Flugerprobung des auf links gekrempelten Superjet SJ-100 ohne westliche Bauteile geht damit in ihre entscheidende Phase. Und als eines von drei Testflugzeugen wird die 97012 einen wichtigen Beitrag leisten.

Erstflug des Jakowlew (Suchoi) Superjet mit russischen PD-8-Triebwerken.
UAC (OAK)

Für Cityjet gedacht

Dass es dazu einmal kommen würde, war kaum absehbar, als die Maschine vor sieben Jahren, im März 2018, als frisch gebauter Superjet mit der Seriennummer 95157 in Komsomolsk am Amur zu seinem eigentlichen Erstflug startete. Denn als Testflugzeug für ein (damals noch nicht offiziell gestartetes) "Russifizierungsprogramm" des Superjet war die 97012 damals nicht vorgesehen. Stattdessen war es auf Bestellung der irischen Charter-Airline Cityjet gebaut worden, die 2015 insgesamt 15 Superjets geordert hatte. Sieben davon wurden ab Mai 2016 auch tatsächlich ausgeliefert und flogen ab dem darauffolgenden Frühjahr eine Zeitlang im europäischen Linienverkehr für die Lufthansa-Tochter Brussels Airlines. Doch weil der Ersatzteil-Support unterirdisch war und der Klarstand der Jets entsprechend schlecht, sah Brussels 2019 von einem Weiterbetrieb ab und gab die Superjets an Cityjet zurück. Cityjet selbst legte das Muster letztlich ebenfalls still.

Die restlichen Maschinen aus der Cityjet-Bestellung wurden nicht mehr an die Iren ausgeliefert. Während andere Superjets aus der Order an Fluggesellschaften in Russland durchgereicht wurden, blieb Nummer 95157 im Bestand der United Aircraft Corporation UAC, wo sie die bis heute aktuelle Testkennung 97012 erhielt. Im Sommer 2019 performte sie auf der Luftfahrtschau MAKS in Schukowski, dann wurde sie für anderthalb Jahre eingemottet. 2021 absolvierte sie erneut Testflüge – um schließlich ab dem Frühjahr 2023 für ihre neue Rolle als "russifizierter" Test-Superjet präpariert zu werden. Im Oktober 2023 montierten UAC-Techniker das neue PD-8-Triebwerk, zusammen mit neuen Triebwerksaufhängungen und einem russischen Motorsteuergerät, erstmals für Bodentests an das Flugzeug. Anschließend gingen die Turbofans für weitere Modifikationen zurück zum Triebwerksbauer UEC-Saturn – und wurden schließlich im Februar 2025 wieder nach Komsomolsk geschickt, um die anstehenden Flugtests vorzubereiten.

Patrick Zwerger

Das große Umbauprogramm

Mit dem groß angelegten Erneuerungsprogramm will Russland den – einst betont international angelegten – Superjet unabhängig machen von ausländischen Einflüssen. Um die neue, jetzt von Jakowlew vermarktete Version SJ-100 zuzulassen, sind laut offiziellen Angaben gut 200 Testflüge notwendig. Während zwei der drei für das Testprogramm vorgesehenen Maschinen mit PD-8-Triebwerken fliegen sollen, behält die erste SJ-100, die bereits 2023 abhob, für die Zulassungsflüge weiter ihre bisherigen SaM-146-Triebwerke, die vom französischen Hersteller Safran mitentwickelt wurden.

Zugleich behält die jetzt erstmals mit PD-8 geflogene 97012 einen Großteil ihrer westlichen Systeme – und erst das dritte Testexemplar, ein neu gebauter Superjet mit der Seriennummer 97003, soll mehr oder weniger vollständig mit russischen Bauteilen bestückt werden. "Dieser Ansatz wird es uns ermöglichen, das notwendige Tempo der Zertifizierung zu gewährleisten und technische Lösungen für eine mögliche spätere Remotorisierung der derzeit fliegenden Superjet-Flotte zu erarbeiten", begründet der neue UAC-Generaldirektor Wadim Badecha das Vorgehen. Nach gegenwärtigem Stand will UAC die ersten rein russischen Superjet SJ-100 im kommenden Jahr ausliefern. Allerdings ist das erste "echte" Exemplar 97003, das für die Zulassungstests essenziell ist, noch nicht fertig.