Hightech-Forschung für sauberes Fliegen - die Highlights des mega-Programms Clean Sky 2

EU-Luftfahrtforschungsprogramm Clean Sky 2
Hightech-Forschung für sauberes Fliegen

Veröffentlicht am 10.02.2025

Mindestens 20 Prozent weniger CO2-, Stickoxid- und Lärmemissionen als die damals aktuelle Flugzeuggeneration: Mit diesen Zielen ist Clean Sky 2 im Mai 2014 an den Start gegangen. Zehn Jahre lang entwickelten die großen Luftfahrtkonzerne zusammen mit kleinen und mittleren Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen neue Technologien für umweltfreundlicheres Fliegen. Insgesamt rund 940 europäische Akteure, darunter Airbus, Leonardo, Safran, MTU Aero Engines und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), waren an dem vier Milliarden Euro schweren Programm beteiligt. 1,8 Milliarden Euro steuerte die EU-Kommission über das Programm Horizon 2020 bei, der Rest kam von der Industrie. Das Vorgängerprogramm Clean Sky lief von 2008 bis 2016, ebenfalls als öffentlich-private Partnerschaft.

DLR

Technologische Entwicklungen

Clean Sky 2 war unterteilt in drei Bereiche: innovative Luftfahrzeug-Demonstrationsplattformen, integrierte Technologiedemonstratoren und Querschnittsaktivitäten. Zu den Luftfahrzeug-Demonstrationsplattformen zählten Entwicklungen für große Passagierjets, Regionalflugzeuge und schnelle Drehflügler, zu den Technologiedemonstratoren die Felder Zelle, Triebwerke und Systeme und zu den Querschnittsaktivitäten die Themen Kleinluftverkehr, Ökodesign und Technologiebewertung. Die zwischen 2014 und 2024 entstandenen neuen Technologien umfassten Weiterentwicklungen für den Getriebefan des Airbus A320, ein System zur aktiven Strömungskontrolle, das mit spezifischen Laminarprofilen kombiniert wird, und eine elektrische Klimaanlage für Verkehrsflugzeuge. Auch neue Cockpitsysteme für mehr Sicherheit und Effizienz sowie zwei fliegende Teststände zur Erprobung fortschrittlicher Flügeltechnologien gehörten zum Programm. Die Projekte sollten innerhalb von Clean Sky 2 bis zu einer Technologiereife (TRL) von 5 bis 6 (auf einer Skala von 1 bis 9, wobei 9 für ein qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes steht) entwickelt werden. Bis Technologien mit dieser Reife kommerziell verfügbar sind, vergehen in der Regel noch einmal fünf Jahre.

Rolls-Royce

Abschließende Beurteilung

Inwieweit das Forschungsprogramm seine Ziele erreicht hat, wurde im Rahmen einer zweiten, finalen Gesamtbewertung unter Führung des DLR untersucht. Um die entwickelten Technologien auf Flugzeugebene evaluieren zu können, modellierten die Forscher verschiedene Flugzeugkonzepte. Die Ende November 2024 veröffentlichten Ergebnisse sind ermutigend und ernüchternd zugleich. Der Bericht weist auf die Schwierigkeiten hin, gleichzeitig die CO2-, NOx- und Lärmemissionen zu reduzieren, "da es für gewöhnlich einen Kompromiss zwischen Treibstoffverbrauch und Lärmverringerung sowie zwischen Treibstoffverbrauch und NOx-Reduktion gibt". Für Langstreckenflugzeuge kommt die Bewertung beim CO2-Ausstoß auf eine Reduktion von nur 18 Prozent, dafür sind bei den Stickoxidemissionen minus 45 Prozent und beim Lärm minus 20 Prozent drin. Bei Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen wurde eine Konfiguration mit am Heck montierten, gegenläufig drehenden Open-Rotor-Triebwerken betrachtet, die bei den CO2-Emissionen am besten abschnitt (-30 Prozent pro Passagierkilometer). Allerdings sind die Themen NOx (-2 bis -5 Prozent) und Lärm (-12 bis +16 Prozent) hier problematisch. Die vielversprechendsten Ergebnisse gibt es bei künftigen Regionalflugzeugen mit neuer Zelle, verbesserter Aerodynamik und großen Turboprop-Triebwerken der nächsten Generation oder kleinen Open Fans. In dieser Klasse könnten die CO2-Emissionen um bis zu 33 Prozent und der Stickoxidausstoß um bis zu 60 Prozent verringert werden. Beim Lärm kommt es auf die Art des Antriebs an: Turboprops mit großen Propellern könnten um bis zu 44 Prozent leiser sein als Vergleichsflugzeuge aus dem Jahr 2014. Ein am Heck montierter Open Fan wäre dagegen um bis zu 14 Prozent lauter. Durch die Einführung von Clean-Sky-2-Technologien sei bis 2050 insgesamt eine Reduzierung der CO2- und Stickoxidemissionen um 15 Prozent bzw. 30 Prozent möglich, heißt es im Abschlussbericht.

Unter Clean Sky 2 entwickelten Flügelspitzen mit einer Klappe an der Hinterkante
Leonardo

Nachfolgeprogramm Clean Aviation

Innerhalb der Laufzeit von Clean Sky 2 wurden die Umweltziele der europäischen Luftfahrt deutlich verschärft. Für Clean Sky 2 galten noch die Flightpath-2050-Ziele des Advisory Council for Aeronautics Research in Europe (ACARE) als Leitplanken: Die CO2-Emissionen sollten bis 2050 im Vergleich zu neuen Flugzeugen aus dem Jahr 2000 um 75 Prozent und die Stickoxidemissionen um 90 Prozent pro Passagierkilometer reduziert werden. Außerdem sollte die Lärmbelastung um 65 Prozent sinken. Im Frühjahr 2021 hat die europäische Luftfahrt im Destination-2050-Bericht neue Ziele vorgeschlagen: Bis 2050 sollen die CO2-Emissionen aller Flüge innerhalb der EU sowie aller Flüge, die in der EU starten, bei Netto-Null liegen. Das bedeutet, dass die durch die Luftfahrt verursachten Emissionen wieder vollständig aus der Atmosphäre entfernt werden müssen. Bereits 2030 sollen die Netto-CO2-Emissionen aller Flüge innerhalb und mit Start in der EU um 45 Prozent geringer sein als in einem hypothetischen Basis-Szenario ohne Umweltmaßnahmen. Dafür werden CO2-Emissionen auf der Grundlage geschätzt, dass Flugzeuge, die bis 2050 in Dienst gehen, den gleichen Treibstoffverbrauch wie im Jahr 2018 aufweisen. Die ehrgeizigeren Umweltziele führen dazu, dass das Clean-Sky-2-Nachfolgeprogramm Clean Aviation, das 2021 begann, deutlich disruptivere Technologien fördert, darunter Wasserstoff- und hybrid-elektrische Antriebe. Das heißt aber nicht, dass die Entwicklungen aus Clean Sky keine Rolle mehr spielen. "Wir bauen sehr stark auf Clean Sky 1 und Clean Sky 2 auf. Das vielleicht prominenteste Beispiel ist das Open-Rotor-Triebwerk", sagte Axel Krein, Executive Director von Clean Sky 2 und Clean Aviation in einem Interview mit der FLUG REVUE im Juni 2023. "Mit jüngeren Technologieentwicklungen beim Triebwerksschaufeldesign sowie bei der Schaufelproduktion gibt es Möglichkeiten, bisher ungelöste technische Probleme zu überwinden."

1
C-27J beim Start, genutzt als Testbed für Experimente mit adaptiven Tragflächenspitzen
Leonardo/Lorenzo Ambrino

Adaptiver Flügel

2
 Multifunctional Fuselage Demonstrator (MFFD) des DLR
DLR

Multifunktionaler Rumpfdemonstrator

3
Ein Scaled Flight Demonstrator SFD-DEP 03 auf einer Landebahn, fotografiert von hinten
NLR

Skalierter Flugdemonstrator mit verteilten Antrieben

4
Rolls-Royce

UltraFan

5
Ein Airbus RACER-Hubschrauber von hinten, auf einer Landebahn stehend
Airbus

RACER

6
Airbus

Halbverformbare Flügel