Die NASA und Boeing haben im Rahmen der Forschungsinitiative "Adaptive Wing Technology Maturation" neue Tragflächenkonzepte für künftige Verkehrsflugzeuge im transsonischen Windkanal des NASA Langley Research Center in Hampton, Virginia untersucht. Im Fokus stehen hoch gestreckte, besonders flexible Flügel. Sie versprechen erhebliche Effizienzgewinne, bringen aber neue aeroelastische Herausforderungen mit sich.
Hohe Streckung für mehr Effizienz
Lange, schlanke Flügel verringern den induzierten Widerstand und damit auch Treibstoffverbrauch und CO₂-Emissionen. Mit zunehmender Spannweite steigt jedoch die strukturelle Flexibilität der Tragflächen, wodurch sie empfindlicher auf Böen und Manöverlasten reagieren. Es kann zum gefürchteten Flattern kommen. Dabei handelt es sich um eine selbst erregte Schwingung an Tragflächen (oder Leitwerken).
"Flattern ist eine sehr heftige Wechselwirkung", sagt Jennifer Pinkerton, Luftfahrtingenieurin im NASA Langley Research Center. "Wenn die Strömung über einem Flügel mit der Flugzeugstruktur in Wechselwirkung tritt und die Eigenfrequenzen des Flügels angeregt werden, werden die Flügelschwingungen verstärkt und können exponentiell anwachsen, was zu einem potenziell katastrophalen Versagen führen kann. Ein Teil unserer Tests besteht darin, aeroelastische Instabilitäten wie Flattern für Flugzeugkonzepte zu charakterisieren, damit diese Instabilitäten im tatsächlichen Flug sicher vermieden werden können."
Windkanaltests mit aktiver Last- und Schwingungskontrolle
Für die Windkanaltests kam ein speziell entwickeltes Halbmodell mit einem fast vier Meter langen Flügel zum Einsatz. Es verfügt über zehn individuell bewegliche Steuerflächen entlang der Flügelhinterkante. Mithilfe dieser Steuerflächen lässt sich die Strömung kontrollieren und damit die Kräfte reduzieren, die Flattern verursachen.

Zehn Steuerflächen (orange und schwarz) an den Flügelhinterkanten sollen Böenlasten verringern.
Moderne Sensorik erfasste dabei sowohl die aerodynamischen Lasten als auch die strukturelle Reaktion der Tragfläche. Mithilfe adaptiver Regelalgorithmen simulierten die Ingenieure realistische Böenbelastungen und Flugmanöver.
Der Flügel des Modells ist eine Weiterentwicklung aus der früheren NASA-Boeing-Forschung unter dem Namen SUGAR (Subsonic Ultra Green Aircraft Research), in deren Rahmen auch das Konzept des Transonic Truss-Braced Wing (TTBW) untersucht wurde. Das SUGAR-Windkanalmodell verfügte jedoch nur über zwei aktive Steuerflächen.
Reduktion von Schwingungen nachgewiesen
Zwei Testkampagnen wurden bisher mit dem Halbmodell durchgeführt. Die erste Kampagne im vergangenen Jahr diente zur Generierung von Basiswerten, die zur Verbesserung der NASA-Simulationen herangezogen wurden. In der zweiten Testreihe 2025 wurden die zusätzlichen Steuerflächen in neuer Konfiguration verwendet.
Nach Angaben der NASA zeigen erste Datenauswertungen eine deutliche Dämpfung der Flügelschwingungen, insbesondere bei Böenanregung. Die Ergebnisse belegen, dass aktive Lastkontrollsysteme ein wirksames Mittel sein können, um die Grenzen hochflexibler Tragflächenkonzepte sicher zu erweitern. Damit eröffnen sich neue Freiheitsgrade für die aerodynamische Auslegung zukünftiger Verkehrsflugzeuge.





