Der neueste Spross der kleinen Il-96-Familie ist noch immer nicht geflogen – und technisch dennoch schon veraltet. Denn die Iljuschin Il-96-400M, die im Juli, nach schier endlos langer Bauzeit, in Uljanowsk ihr Roll-out feierte, besitzt zwar (geringfügig) bessere Triebwerke als die Standardversion Il-96-300. Doch noch immer sind es deren vier, und nicht zwei, wie heute für Großraum-Airliner üblich. Man mag diesen Anachronismus irgendwie sympathisch finden, besonders zukunftstauglich ist er nicht. Und das weiß man in Russland auch. Gleichzeitig ist das Schicksal des mit China geplanten Twinjets CRAIC CR929 mehr als unklar, nachdem die Russen sich bei dem Projekt in die zweite Reihe zurückziehen und nur noch als Zulieferer fungieren möchten.

Die Iljuschin Il-96-400M beim Roll-out im Sommer 2023. Wann hebt das Flugzeug endlch ab?
Aus vier mach' zwei
Immer wieder spekulierten deshalb diverse Vertreter aus Politik und Industrie in Russland über einen möglichen Umbau der Il-96 zum Zweistrahler. Ein passendes Triebwerk für eine solche "Il-96neo" wäre mit dem Awiadwigatel PD-35 gerade in Entwicklung. Dass die Serienreife des Groß-Turbofans nach aktuellem Stand frühestens 2029 erwartet wird, stört in dem Zusammenhang nicht besonders. Schließlich ginge die Modifikation zum Twinjet auch bei der Il-96 wohl nicht ohne zeitintensive Eingriffe ins Design vonstatten. So müssten vermutlch die Tragflächen entsprechend umgestaltet werden, um die neuen Triebwerke aufzunehmen. Denkbar wären theoretisch sogar Flügel aus Kohlefaser, so wie sie bei der (deutlich kleineren) Jakowlew MS-21 zum Einsatz kommen.

Die Il-96 blieb aus diversen Gründen ein aviatisches Mauerblümchen. Ihre vier Motoren sind heute nicht mehr zeitgemäß.
"Nicht effizient genug"
In einem Gespräch mit der russischen Tageszeitung Iswestija, veröffentlicht am 12. Oktober, heizt Rostec-Generaldirektor Sergei Tschemesow die Spekulationen um eine zweistrahlige Il-96 erneut an. Das Thema stehe weiter "auf der Tagesordnung", unterstrich Tschemesow. Allerdings plane man derzeit keinen Serienbau in großem Stil, sondern fasse eher kleinere Auflagen für die russische Regierungsfliegerei sowie für den Frachttransport ins Auge. Ob es dabei primär um den Bau neuer Flugzeuge geht, oder eher um die Umrüstung gebrauchter Il-96, sagte der Rostec-Chef nicht. Allerdings betonte Chemesow gegenüber Iswestija, dass die vierstrahlige Il-96 im Betrieb auf Dauer "nicht effizient genug" sei – nicht einmal als Frachter.
Größer und stärker
Das speziell für die CRAIC CR929 entworfene Triebwerk PD-35 soll, wenn es einmal fertig ist, rund 340 Kilonewton Schub liefern. Das wäre mehr als das Doppelte dessen, was eines der PS-90A-Triebwerke leistet, die gegenwärtig bei der Il-96-300 zum Einsatz kommen. Das PS-90A bringt es auf maximal 160 kN Schub. Die weiterentwickelte Version PS-90A1 für die Il-96-400M schafft mit 171 kN ein wenig mehr. Mit einem geplanten Fandurchmesser von über drei Metern wäre das PD-35 außerdem deutlich größer als das PS-90A, dessen Bläserdurchmesser bei lediglich 1,90 Metern liegt.