646 Meter Beton. Davor ein Berg, dahinter Strand, dann Meer, dann wieder ein Berg. Und Wind. Jede Menge Wind: Wer als Pilot auf der Runway 10 des Inselflughafens von St. Barth in der Karibik landet, darf keine schwachen Nerven haben. Denn als ob das alles noch nicht reichte, liegt direkt auf der Bergkuppe, die der Flugbahn im Wege steht, auch noch der meistbefahrene Kreisverkehr der Insel. Und so wie sich die Twin-Otter-Piloten der Antillen-Airline Winair im Steilanflug, kaum fünf Meter überm Boden, Richtung Runway stürzen, wird dort schon manchem Van-Chauffeur beim Einfahren in den Kreisel vor Schreck die Cola aus der Hand geglitten sein.

Piloten mit Speziallizenz
Zwar gibt sich die Twin Otter von Haus aus mit gut 300 Metern Landebahn zufrieden – blieben theoretisch also noch mal so viele Meter als Reserve. Doch die "Pilots of the Caribbean" machen keine halben Sachen: Furchtlos überschießen sie den Kreisel, gleiten in Ameisenhöhe den Hang hinab zur Piste, fangen dann ab und setzen frühestmöglich auf, um möglichst schon nach der Hälfte der Bahnlänge über den letzten von drei Taxiways abzurollen und sich so den U-Turn am Pistenende zu sparen. Das gelingt freilich nicht immer. Bläst der Wind entsprechend forsch, sind die Flieger an dieser Stelle sogar noch in der Luft – und der Strand kommt bedrohlich nah. Wie gesagt: nichts für schwache Nerven.
Beliebtes Urlaubsziel
Und doch ist es der normale Wahnsinn auf St. Barth: Mehrmals täglich wiederholt sich das Spektakel, denn die Insel, umspült von den azurblauen Wogen des Karibischen Meers, ist ein beliebtes Urlaubsziel – und der Luftweg die schnellste Möglichkeit, dorthin zu gelangen.

Arbeitspferd von St. Barth Commuter
184 500 Passagiere fertigte der Airport im Jahr 2019 ab. Benannt ist er seit 2015 nach Rémy de Haenen, dem Flugpionier und späteren Regenten von St. Barth, der am 17. Februar 1946 als Erster mit einem Flugzeug auf dem heutigen Airport-Gelände landete. Wer diesem Vorbild folgen möchte, braucht eine Speziallizenz – und das passende Flugzeug. Neben der Twin Otter sind in St. Barth deshalb vor allem die unverwüstliche Islander sowie Einmots à la PC-12 oder Cessna 208 anzutreffen. Letztere ist das Arbeitspferd von St. Barth Commuter, die auf dem Eiland ihre Basis hat und St. Barth tagsüber im Dauerlauf mit den umliegenden Inseln Guadeloupe und Sint Maarten verbindet.
Berühmte "Planespotter-Insel"
Moment mal: Sint Maarten? Ist das nicht diese berühmte "Planespotter-Insel", auf der landende Großraumjets für Schatten sorgen, während man am Strand Cocktails schlürft? Stimmt genau! Wohl fast jeder Flugzeugfan hat einen Urlaub am Maho Beach auf seiner To-do-Liste stehen – um hernach vor Ort zu konstatieren, dass dieser weltbekannte Sandstrand, dem internationalen Flughafen Princess Juliana vorgelagert, oft ziemlich überlaufen und noch dazu sehr viel kleiner ist, als es auf Fotos den Anschein macht. Auch die Cocktails sind lange nicht so schmackhaft, wie man es sich in der verregneten Heimat ausgemalt hatte.

Maho Beach
Ihren Besuch bereuen dürften dennoch die wenigsten, denn zu sehen und zu staunen gibt es am Maho Beach immer noch genug – auch wenn seit Herbst 2016, als KLM ihren Sint-Maarten-Kurs auf A330 umstellte, keine Jumbo Jets mehr im Flugplan stehen. Bevor die Corona-Pandemie dem weltweiten Reiseverkehr in die Parade fuhr, landeten am Princess Juliana Airport täglich Jets aus Europa und den USA, von der Jetblue-A320 aus New York bis hin zur Air-France-A340 aus Paris.
Niederländischer und einen französischer Teil
Letztere ist mittlerweile leider Geschichte, ebenso wie die täglichen American-Kurse mit Boeing 757 und 767. Sowohl KLM als auch Air France bedienen die Insel, deren Gebiet einen niederländischen und einen französischen Teil umfasst, seit dem Sommer immerhin wieder mit A330. Dazu kommen Frachtflüge, etwa aus Miami, bestritten von Amerijet International mit 767. Und natürlich gibt es auf Sint Maarten auch Exoten zu sehen. So etwa die seltenen Trislander von Anguilla Air Services oder die Short-360-Frachter der Air Cargo Carriers.
Nach Sicht oder via VOR/DME
Sint Maarten besitzt nach wie vor kein ILS, sondern muss nach Sicht oder via VOR/DME angeflogen werden. Die Tatsache, dass sich am anderen Ende der nur 2300 Meter langen Bahn ziemlich bald ein bewaldeter Berg in den Weg stellt, macht nicht nur go-arounds zu einem heiklen Unterfangen, sondern legt unabhängig vom Wind auch die Anflugrichtung fest: Gelandet wird stets von Westen her über den Strand. Auch Starts erfolgen ab und zu in Richtung Meer, wenngleich es meist selbst die großen Jets mit dem Berg im Osten aufnehmen – was besonders bei der A340, die laut bösen Zungen nur dank Erdkrümmung abhebt, meist für bange Blicke sorgte.

Flughafen Alexandros Papadiamantis
Nun ist es mit dem Reisen in Zeiten von Corona aber so eine Sache. Je weiter das Ziel liegt, desto schwieriger ist es dieser Tage, dorthin zu gelangen. Spektakuläre Insel-Airports gibt es zum Glück jedoch nicht nur in weiter Ferne, sondern auch in etwas näheren Gefilden. Da wäre zum Beispiel der Flughafen Alexandros Papadiamantis auf der griechischen Insel Skiathos. Das "Sint Maarten Europas" steht dem karibischen Original in nichts nach – im Gegenteil!

Madeira und Schottland
Auch der nach Fußballstar Cristiano Ronaldo benannte Flughafen auf Madeira, gelegen direkt an einer von Scherwinden heimgesuchten Steilküste, liefert imposante Bilder. Die Hebriden-Insel Barra im Westen Schottlands besitzt derweil nicht mal eine echte Landebahn: Hier starten und landen die Twin Otters der schottischen Loganair einfach auf dem Strand. Das geht aber nur bei Ebbe: Kommt die Flut, verschwindet auch die Piste.