Die Zeiten sind hart für Russlands Fluggesellschaften. Weil ihr Land gerade Krieg führt mit der Ukraine, sind die Sanktionen des Westens gegen die russische Wirtschaft massiv verschärft worden. Russische Airlines erhalten dadurch offiziell keine Ersatzteile mehr für ihre Flotten westlicher Maschinen – egal ob sich diese schon vor dem Krieg in russischem Eigentum besaßen oder nachträglich "überführt" (sprich: gestohlen) wurden. Gleichzeitig ist die russische Luftfahrtindustrie – trotz verstärkter Bemühungen – auf Jahre hinaus nicht in der Lage, mit eigenen Flugzeugmustern zahlenmäßig für Ersatz zu sorgen.

Comeback der Dreistrahler
Die auf diese Weise empfindlich getroffenen Carrier versuchen nun, gezwungenermaßen, auf die neue Realität zu reagieren. Staats-Airline Aeroflot beispielsweise wird Wartung und Reparatur westlicher Flugzeuge künftig in Eigenregie vornehmen – mit dem Segen der russischen Luftfahrtbehörde. Wie das in der Praxis aussehen wird, ob Flugzeuge "geschlachtet", Ersatzteile über Drittländer importiert oder gar im Inland "kopiert" werden, wird sich noch zeigen müssen.
Die private UTair mit Hauptsitz in Chanty-Mansijsk geht offenbar einen anderen Weg, schenkt man jüngsten Medienberichten aus Russland Glauben. Schon Ende März verkündete das Management der Airline, man werde keine Flugzeuge mehr einsetzen, die von westlichen Unternehmen geleast seien. Stattdessen will UTair allem Anschein nach westliches Gerät im großen Stil durch alte Dreistrahler aus der Sowjetunion ersetzen. Konkret geht es um bis zu 20 eingemottete Jakowlew Jak-40 und Jak-42D, die UTair nach Angaben der Zeitung Kommersant beschaffen und wieder flottmachen möchte. Ein erster Vertrag über das Leasing zweier Flugzeuge sei bereits unterzeichnet worden. Kommersant beruft sich bei seinen Angaben auf den Luftfahrt-Telegram-Kanal Baza.

Zuletzt nur noch Frachtflüge
UTair, 1991 gegründet, war bereits in der Vergangenheit sowohl mit dem kleinen Regionaljet Jak-40 als auch mit der größeren, stärkeren Jak-42D unterwegs. Während die Jak-40 schon vor Jahren ausgemustert wurden, setzte UTair die Jak-42D nach Angaben der Datenbank russianplanes.net sporadisch noch bis Ende 2021 ein. Demnach betrieb die Airline zuletzt zwei Maschinen – allerdings nur noch für Frachtflüge. Die letzten Airlines, die im Frühjahr 2022 noch eine nennenswerte Zahl an Jak-42D besaßen und zumindest ab und zu einsetzten, waren KrasAvia aus Krasnojarsk und Izhavia aus Ischewsk. Allerdings stehen sich laut russianplanes.net gegenwärtig etwa zwei Dutzend Jak-42D auf diversen russischen Flughäfen das Fahrwerk in den Bauch. Auch von der Jak-40 dürfte es landesweit noch einige Exemplare geben, die sich mit etwas Zuneigung wieder in flugtaugliche Airliner verwandeln ließen. Aktiv im Dienst ist die Jak-40 unter anderem noch bei Vologda Air Enterprise mit Sitz am Flughafen Wologda.
Jak-40 statt ATR?
Baza schreibt, die aktuelle Situation erzwinge ein Comeback sowjetischer Passagierflugzeuge, auch wenn ursprünglich niemand vorgehabt habe, die aufs Altenteil geschobenen Klassiker je wieder in Betrieb zu nehmen. Dem Bericht zufolge will UTair die Jak-40 und Jak-42D – eine verbesserte Version der Jak-42 mit mehr Reichweite – vor allem im Regionalverkehr nutzen. Bislang setzte UTair auf ihren Strecken eine gemischte Flotte aus Boeing 737-800 und ATR-Turboprops ein, ergänzt durch einige Antonow An-24 für den Einsatz auf schlecht ausgestatteten Flugplätzen sowie zwei Boeing 767-200. Baza zufolge hegte UTair zudem Pläne, eine nennenswerte Anzahl an Suchoi Superjets zu ordern. Von diesem modernen russischen Muster gebe es am Markt allerdings nicht genügend Exemplare, weshalb zumindest temporär der Rückgriff auf die Sowjet-Trijets aus dem Hause Jakowlew nötig sei.
Eine offizielle Bestätigung der Information seitens UTair gab es bislang nicht.