Besonders eilig scheint es die United Aircraft Corporation (UAC) mit ihrem "neuen" Großraumjet nicht zu haben: Anfang des Jahres vermeldete die Hersteller-Holding, dass sie in Woronesch mit der Zusammenführung von Rumpf und Tragflächen die Endmontage der ersten Il-96-400M eingeleitet habe. Vier Monate später gibt UAC neue Einblicke in den Status des Projekts – und dokumentiert damit vor allem, dass sich die Baufortschritte zumindest rein äußerlich in Grenzen halten: Die Tragflächen der Il 96-499M besitzen nun Vorflügel, ansonsten ist im Vergleich zu den Fotos vom Januar kein gravierender Unterschied erkennbar.
Erstflug 2021
Schenkt man den Worten des VASO-Geschäftsführers Alexander Jarchewski Glauben, soll sich das aber bald ändern: "Die Montage von Rumpf und Flügel ist abgeschlossen, als nächstes werden wir das Leitwerk und die Triebwerksaufhängungen montieren", so Jarchewski. Aktuell laufe die Installation der wichtigsten Hauptsysteme des Flugzeugs. Man befinde sich nach wie vor voll im Zeitplan: "Das Flugzeug soll vor Ende 2020 fertiggestellt sein." Anschließend will UAC mit Boden- und schließlich mit ersten Flugtests beginnen. Letztere werden für 2021 anvisiert.

Vier Triebwerke, russische Avionik
Die Iljuschin Il 96-400M ist eine modernisierte Neuauflage der Il-96-400, die ihrerseits eine gestreckte Variante des Großraumjets Il-96-300 aus den späten 80er-Jahren darstellt. Gegenüber dieser Ausgangsvariante ist die Il-96-400M um rund neun Meter länger. Die Zelle und ein Großteil der Komponenten der Neuauflage stammen aus der Frachtversion Il-96-400T, von der Iljuschin ab 2007 vier Exemplare fertigte. Eines davon wurde später für die russische Regierung zum VIP-Flugzeug umgerüstet, ein weiteres fliegt in ähnlicher Auslegung für den Geheimdienst FSB. Die Avionik, made in Russia, soll Dass die "neue" Il-96 auch die PS-90A1-Triebwerke ihrer Vorgängerin erhält – und damit als Vierstrahler aus der Halle rollen wird -, mutet angesichts der aktuellen Lage in der Zivilluftfahrt anachronistisch an. Allerdings hat UAC in dieser Hinsicht zumindest momentan kaum eine andere Wahl: Die Il-96-400M soll ein dezidiert russisches Flugzeug werden, den Anteil ausländischer Komponenten möchte der Hersteller bei maximal zehn Prozent halten. Triebwerke aus dem Ausland kommen also nicht in Frage und einen modernen, ausreichend starken Turbofan für eine zweistrahlige Ausführung hat Russland mit dem PD-35 von Awiadwigatel zwar in der Pipeline, aber frühestens 2024 verfügbar. Es soll einmal den sino-russischen Langstreckenjet CRAIC CR929 antreiben.
Noch keine Bestellung
Dass die Il-96-400M mit ihren vier nicht mehr ganz taufrischen Triebwerken gegenüber den modernen Riesen-Twins Airbus A350 oder Boeing 787 ökonomisch kaum konkurrenzfähig ist, dürfte auch in der Vorstandsriege von UAC bekannt sein. Konkurrenz im eigentlichen Sinne will man den westlichen Großraummustern aber wohl auch gar nicht machen. Airlines, deren Heimatländer von westlichen Sanktionen betroffen sind, könnte die Il-96-400M dagegen sehr wohl ins Konzept passen. So hatten etwa Cubana und die afrikanische Air Zimbabwe bereits Interesse an der – dann doch nicht gebauten – Passagiervariante der alten Il-96-400 bekundet. Auch für den Iran oder Nordkorea wäre das Flugzeug womöglich eine Option. Bestellungen für die Il-96-400M liegen bislang allerdings noch nicht vor. Immerhin, Interessenten scheint es zu geben: UAC will die IL-96-400M in drei Auslegungen für 305, 350 oder 402 Passagiere anbieten – auf speziellen Wunsch "potenzieller Kunden", wie es heißt.