Sie fliegt seit mehr als 30 Jahren, aber sie ist nach wie vor das aktuellste, was Russlands Luftfahrtindustrie in Sachen Großraumjets zu bieten hat. Und wahrscheinlich liegt auch genau in diesem Punkt die Ursache, warum die Iljuschin Il-96, kommerziell ein Flop, einfach nicht totzukriegen ist. Mit seinen vier PS-90A-Triebwerken wirkt der Widebody gegen westliche Jets wie den Airbus A350 oder die Boeing 777 hoffnungslos veraltet. Der russische Flag Carrier Aeroflot musterte seine letzten Il-96 bereits im Jahr 2014 aus. Außer der kubanischen Staats-Airline Cubana fliegt das Muster nirgendwo mehr auf der Welt im kommerziellen Dienst - nur die russische Regierungsflotte setzt aus Überzeugung auf den letzten "Sowjet-Jumbo".

Pro Jahr zwei neue Il-96
Das dürfte sich bald schon ändern, denn Aeroflot & Co. werden auf absehbare Zeit keine neuen A350, 777 oder andere Langstreckenjets aus dem Westen mehr erhalten. Vorerst fliegen sie mit ihren gegenwärtigen Beständen weiter – doch ohne Hersteller-Support wird das mit fortschreitender Dauer immer schwieriger. Zwar stehen mögliche Lösungen in Russland in der Diskussion – etwa die Fertigung von Ersatzteilen in Eigenregie oder die Lieferung originaler Teile über Drittländer wie China. Trotzdem hat der große Plan der russischen Regierung, demgemäß bis Ende 2030 mehr als 1.000 neue Flugzeuge aus Russlands Fabriken rollen sollen, auch den Großraumsektor mit im Blick. So sollen die heimischen Airlines ab 2025 bis 2030 insgesamt zwölf neue Il-96-300 erhalten. Das entspricht einer Produktionsrate von zwei Flugzeugen pro Jahr. Die modernisierte, größere Variante Il-96-400M wird in dem Programmpapier nicht erwähnt.

Werk kann "Produktionsmengen anpassen"
Aktuell wird die Il-96-300 im VASO-Flugzeugwerk in Woronesch gebaut. Die Produktion läuft dort seit Jahren auf kleinster Flamme weiter. Einziger Kunde waren bis jetzt die russischen Regierungsflieger. Sollten Russlands Airlines aber in Zukunft mehr Bedarf an dem Vierstrahler artikulieren, könne man die geplante Fertigungsrate von jährlich zwei Maschinen jederzeit anheben, heißt es aus dem Ministerium für Industrie und Handel. "Wenn die Bedürfnisse der Fluggesellschaften angepasst werden, werden wir natürlich die Produktionsmengen anpassen", so ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur Tass. Ob dieser Fall wirklich eintritt, steht aber in den Sternen. Sergej Tschemesow, Chef des Staatskonzerns Rostec, hatte im April die Nachfrage nach neuen Il-96 bereits als "eher bescheiden" definiert.

Zukunft als Zweistrahler?
Interessant ist, dass neben der bereits erwähnten Il-96-400M auch das sino-russische Großraumprojekt CRAIC CR929 in den Plänen der Regierung keine Rolle spielt. Offensichtlich rechnen in Moskau selbst die größten Optimisten nicht damit, dass dieses Flugzeug bis Ende 2030 verfügbar sein wird. Der als Zweistrahler konzipierte Verbundwerkstoff-Jet steht in Russland derzeit mehr denn je auf der Kippe. Vize-Premierminister Juri Borissow kokettierte jüngst öffentlich mit einem Ausstieg aus dem Projekt. Stattdessen liebäugelte Borissow bereits in der Vergangenheit immer wieder mit dem Umbau der Il-96 zum Zweistrahler. Derzeit besitzt Russland für ein solches Unterfangen kein ausreichend starkes Triebwerk. Der in der Entwicklung steckende Turbofan PD-35, gedacht als Antrieb für die CR929, könnte das ändern. Allerdings wird auch dieser in dem Strategiepapier zur Zukunft der Zivilluftfahrt mit keinem Wort erwähnt.