Mit der Iljuschin Il-114-300 steht in Russland ein neues Turboprop-Flugzeug kurz vor der Zulassung, das im Regionalverkehr alte Muster sowjetischer Bauart ersetzen kann. Eigentlich. Doch die Il-114-300 fasst bis zu 68 Passagiere, und ist damit in Wahrheit eher ein Ersatz für ähnlich große West-Flugzeuge wie die Dash 8-300 und -400 oder die ATR 72. Für viele Kurzstrecken im Hinterland, auf denen die Oldschool-Turboprops Antonow An-24 und An-26 oder auch die Jakowlew Jak-40 noch zum Einsatz kommen, wirkt die Iljuschin schlicht zu groß. Als Tiefdecker dürfte sie von Haus aus außerdem weniger geeignet sein für unbefestigte Landebahnen als die einst eigens für solche Bedingungen gebauten, robusten Antonows.
In Russland weiß man selbstredend um dieses Problem – und arbeitet in Gestalt des Schulterdeckers TWRS-44 Ladoga auch an einer Lösung. Die Ladoga soll Platz für 40 bis 50 Passagiere bieten, ist ebenfalls als Schulterdecker ausgelegt und füllt so das Segment der An-24-Klasse deutlich besser aus als die Il-114-300. Der Entwurf basiert grundsätzlich auf der tschechischen Let 610, im Vergleich dazu ist die TWRS-44 aber ein weitestgehend neues Flugzeug. Ein Flugzeug, das es bisher noch nicht gibt – und das noch Jahre auf sich warten lässt.

Im Flugzeugwerk Samara fertigt Aviakor derzeit den Rumpf des ersten Ladoga-Prototyps. Insgesamt sollen vier Prototypen entstehen, davon jedoch zwei nur für statische Tests.
Erstflug erst Mitte 2026
Derzeit entsteht im Flugzeugwerk Samara erst der Rumpf für den ersten Prototyp der TWRS-44 Ladoga. Damit hinkt auch dieses russische Flugzeugprojekt seinem Zeitplan deutlich hinterher: Ursprünglich sollten 2025 bereits die ersten Serienflugzeuge an Fluglinien ausgeliefert werden. Jetzt erwartet der verantwortliche Hersteller USGA für dieses Jahr noch nicht mal mehr den Jungfernflug. Erst Mitte 2026 soll dieser nach derzeitigem Stand nun stattfinden. Parallel dazu ist die Erprobung und Zulassung des für die Ladoga zugeschnittenen Turboprop-Triebwerks TW7-117ST-02 von Klimow vorgesehen – ein auf 2400 PS gedrosseltes Derivat des TW7-117ST-01, das die Il-114-300 antreibt.

Das Ladoga-Projekt hinkt seinem Zeitplan um Jahre hinterher. In Russland ist das bei Flugzeugprogrammen aber eher die Regel als die Ausnahme.
Erste Auslieferungen nicht vor 2029
Den Eintritt der TWRS-44 in den Passagierdienst visiert USGA nach den Worten des Qualitäts- und Zertifizierungsbeauftragten Andrei Dorofejew nach derzeitigem Stand für 2029 an. Legt man dieser Prognose die allgemein bekannten Verzögerungen anderer russischer Zivilluftfahrtprojekte zugrunde, scheint selbst das recht optimistisch – und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Ladoga dem Markt erst im kommenden Jahrzehnt zur Verfügung stehen wird.
Sowjet-Oldtimer gegen den Zahn der Zeit
So oder so werden die alten An-24, An-26 und Jak-40 der russischen Regionalfluglinien noch einige weitere Jahre Dienst schrubben müssen – obwohl sie allesamt um die 50 Jahre auf dem Buckel haben und teilweise sogar noch deutlich älter sind. Entsprechende Programme zur Verlängerung der Lebensdauer verfolgt Russland bereits seit geraumer Zeit, weil in den kommnenden fünf Jahren sonst einem Großteil der Bestandsflotte das altersbedingte Grounding droht.

Die TWRS-44 Ladoga basiert grob auf der Let 610 aus Tschechien - soll aber ein größerer Erfolg werden. Von der Let 610 entstanden nur sechs Exemplare.
Das Ladoga-Projekt TWRS-44
An der TWRS-44 sind neben dem für die Gesamtleitung verantwortlichen Uraler Zivilflugzeugwerk USGA zahlreiche weitere Unternehmen beteiligt. Während USGA selbst in Aramil nahe Jekaterinburg die Endmontage übernimmt und in Nischni Nowgorod das Leitwerk baut, sollen die Rümpfe auch für die Serienmaschinen von Aviakor aus Samara kommen, die Tragflächen samt Flügelmittelkasten aus dem Flugzeugwerk Smolensk. Technodinamika aus Moskau ist als Systemzulieferer ebenfalls beteiligt.
Als Leistungsdaten sind für die TWRS-44 eine maximale Zuladung von 5000 Kilogramm, eine Reichweite von 2100 Kilometern (mit 40 Passagieren) und eine Reisegeschwindigkeit von 460 bis 480 km/h projektiert.





