Glück gehabt – das hätte deutlich übler ausgehen können. Die Crew der Avro Vulcan mit dem Kennzeichen XM655 erlebte am vergangenen Freitag eine Schrecksekunde erster Güte. Auf der Runway des Wellesbourne Mountford Airfield, 150 Kilometer nordwestlich von London, vollführte sie mit ihrem ausrangierten Deltabomber einen "high speed taxi run" – und fand sich Sekunden später im Morast eines Ackers wieder, nur wenige Meter entfernt vom Flughafenzaun, hinter dem sich die ins nahegelegene Birmingham führende Stratford Road entlangschlängelt. Der "high speed taxi run" umschreibt ein Rollmanöver mit hoher Geschwindigkeit, bei dem die Vulcan auch gern mal ihr Bugfahrwerk in die Luft hebt, bevor sie wieder eingebremst wird. In England haben derlei Aktionen mit ausgemusterten Militärflugzeugen Tradition und sind ein wahrer Publikumsmagnet. Im Normalfall geht dabei auch alles glatt – doch das Missgeschick am Freitag hätte auch leicht in einer Katastrophe enden können.
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Fahrtmesser-Fehlfunktion im Cockpit
Nach Angaben des Vereins "655 Maintenance and Preservation Society", der für Erhalt und Pflege der XM655 verantwortlich zeichnet, hatte sich die Vulcan mit zwei Piloten im Cockpit für einen schnellen Testlauf auf der Startbahn 18/36 ihres Heimatflugplatzes in Position gebracht. Der Aktion waren Lenk- und Bremstests bei niedriger Geschwindigkeit in einem anderen Bereich des Flugfelds vorangegangen. Für den Sonntag hatte der Verein ein öffentliches Schaulaufen anberaumt, und die Versuche am Freitag waren hierfür als Generalprobe vorgesehen. "Aufgrund der Fehlfunktion eines Geräts im Cockpit blieb das Flugzeug etwa zwei Sekunden länger als vorgesehen auf voller Leistung", schildern die Vulcan-Freunde die Ereignisse in einer Erklärung. "Dies führte zu einer übermäßigen Geschwindigkeit und weniger Platz zum Anhalten".
Die Vulcan sei dann über das Ende der Landebahn hinausgeschossen, durch den angrenzenden Acker gepflügt und schließlich kurz vor der Flugplatzbegrenzung zum Stillstand gekommen. "Bei der ausgefallenen Ausrüstung handelte es sich um einen Fahrtmesser, der sechs Tage zuvor getestet und für zufriedenstellend befunden worden war und der kurz vor dem Ende des Rollversuchs normal zu funktionieren begann", schreibt der Verein weiter. "Die Bremsen des Flugzeugs funktionierten einwandfrei, waren aber nicht in der Lage, die Maschine auf dem begrenzten Raum zum Stehen zu bringen."

"Graben und ziehen"
Den Rest des Wochenendes verbrachten die Freiwilligen damit, die Vulcan zu bergen und zurück zu ihrem Standplatz zu schleppen. Dabei habe man jede Menge "graben und ziehen" müssen, heißt es aus Wellesbourne. Die Veranstaltung am Sonntag musste abgesagt werden. Inzwischen parkt der mächtige Deltabomber nach Angaben des Vereins wieder auf seiner Platte und wartet auf eine gründliche Inspektion, um mögliche Schäden aufzuspüren. Ersten visuellen Eindrücken nach sehe es zwar nach einem glimpflichen Ausgang für alle Beteiligten aus, aber Genaueres könne man erst nach eingehender Kontrolle sagen. "Es war nicht das Wochenende, das wir uns vorgestellt hatten", resümiert der Verein.