Hat die Saab Gripen E in Kanada Chancen gegen die F-35?

Saabs Super-Greif
Hat die Gripen E in Kanada Chancen gegen die F-35?

Veröffentlicht am 21.02.2022

Die Enttäuschung über Finnlands Entscheid ist bei Saab-Chef Micael Johansson noch immer nicht verflogen. Ende 2021 hatte die finnische Regierung die Lockheed Martin F-35A Lightning II zum Sieger im HX-Wettbewerb erklärt – und damit entschieden, dass Finnlands Luftwaffe ihre alten F/A-18 mit dem amerikanischen Stealth-Fighter ersetzt, anstatt mit der Saab Gripen E aus dem Nachbarland Schweden. 64 Flugzeuge soll Finnland von Lockheed Martin aus den USA erhalten, während Saab in die Röhre guckt.

Ein Fakt, der dem Saab-Mann Johansson naturgemäß sauer aufstößt: "Ich bin enttäuscht über die Entscheidung Finnlands, den amerikanischen Weg zu gehen", bekundete Johansson am 11. Februar bei der Jahrespressekonferenz seines Unternehmens. Grund zur Selbstkritik sah er nicht: "Wir hatten Finnland in jeder Hinsicht ein großartiges Angebot gemacht", so Johansson weiter. "Ich wüsste nicht, wie wir es hätten besser machen können."

Saab

"Reicht nicht, ein tolles Produkt zu haben"

Für Lockheed Martin und die F-35A war der Sieg in Finnland bereits der zweite in Europa binnen sechs Monaten. Ende Juni 2021 hatte bereits die Regierung der Schweiz verkündet, dass die F-35 in einem ähnlich gelagerten Fighter-Wettstreit als "klarer Sieger" vom Platz gehe. Hier war Saab mit der Gripen E jedoch schon 2019 durchs Raster gefallen – aus formalen Gründen. Auch für die Niederlage beim finnischen HX-Wettbewerb sieht Johansson die Gründe weniger bei seinem Produkt, der Gripen E: "Manchmal ist alles eine Frage der Politik – es geht nicht nur darum, ein tolles Produkt zu haben." In Finnland habe sein Team "große Anstrengungen unternommen, um diesen Vertrag zu gewinnen" – und im Paket mit der Gripen E auch das Frühwarnflugzeug Saab Global Eye angeboten. "Wir müssen die Entscheidung respektieren", so das Fazit des Konzernchefs, der bereits nach vorne blickt.

GlobalEye von Saab, bisher nur an die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft.
Saab

Kanada soll bei Saab einkaufen

Denn nach wie vor sieht Johansson für die Gripen E "mehrere Möglichkeiten", auf dem Exportmarkt doch noch einen Sieg zu erringen. Besonders im Fokus steht die Ausscheidung in Kanada, wo der schwedische Top-Fighter abermals mit der F-35A um die Gunst der Entscheider kämpft. Kanada war einst ursprünglich am F-35-Programm beteiligt und wollte 65 Lightning II beschaffen, strich dieses Vorhaben jedoch 2012 – wegen überbordender Kosten und Verzögerungen im Programm. 2018 rief die kanadische Regierung schließlich das "Future Fighter Capability Project" ins Leben, bei dem es um den Kauf von 88 Kampfjets geht. Diese sollen ab 2025 die CF-18A/B ersetzen. Boeing war mit seiner Super Hornet zunächst ebenfalls im Rennen, schied aber 2021 aus. Airbus hatte seinen Kandidaten, den Eurofighter Typhoon, zuvor selbst zurückgezogen. Damit bleiben noch Saab und Lockheed Martin. "Wir haben eine klare Antwort von den Kanadiern erhalten, dass wir bestimmte Anforderungen in Bezug auf Erschwinglichkeit, Fähigkeiten und Sicherheit erfüllt haben und dass unser Produkt interoperabel funktioniert", unterstrich Johansson. Nun warte man "auf weitere Schritte".

Saab

Mehr Freiheit mit der Gripen E

Der größte Vorzug, den die Gripen E für Exportkunden gegenüber dem US-Fighter bietet, liegt für den Saab-Chef auf der Hand und lässt sich mit einem Wort beschreiben: Unabhängigkeit. Die Gripen E verleihe Käufern "souveräne Fähigkeiten", so Johansson. Außerdem binde man die Nutzerländer bewusst und in großem Umfang in das Projekt mit ein: "Wir transferieren Technologie, wir errichten Betriebe im Land, mit der Fähigkeit, unsere Systeme herzustellen und weiterzuentwickeln." All jene Aspekte sind bei der F-35 bekanntlich nur in begrenztem Maß gegeben. Der belgische Luftfahrtexperte Joseph Henrotin kommentierte hierzu bereits im Sommer 2021, als die Schweiz sich für die F-35 entschied: "Für viele Funktionen, einschließlich des Fluges selbst, ist der Käufer auf das Wohlwollen der Vereinigten Staaten und auf deren Fähigkeiten angewiesen, ihre Server und Netzwerke zu schützen."

Eine Entscheidung und die Auftragsvergabe aus Kanada wird im Laufe dieses Jahres erwartet.