Peinliches Versagen - Warum schießen die Russen ihre Superdrohne ab?

Warum schießen die Russen ihre eigene Superdrohne ab?
Stealth-Jäger Su-57 lässt Kampfdrohne keine Chance

Zuletzt aktualisiert am 08.10.2024

Russlands Superfighter schießt Russlands Superdrohne ab – im scharfen Einsatz, über feindlichem Gebiet. Und das auch noch mit Absicht. Nicht nur auf den ersten Blick mutet der Vorfall, der sich am 5. Oktober am Himmel über der Oblast Donezk in der Ukraine zugetragen hat, ziemlich skurril an. Zwar ist es noch nicht offiziell erwiesen, dass es tatsächlich eine Suchoi Su-57 war, die ihrem unbemannten Flügelmann, einer Suchoi S-70 Ochotnik, per Luft-Luft-Rakete den Todesstoß versetzte. Es liegt allerdings nahe, testen die Russen doch schon seit fünf Jahren den Einsatz ihres besten Kampfjets und ihrer teuren Stealth-Drohne im Verbund.

Russisches Verteidigungsministerium

(Nicht nur) ein PR-Fiasko

Dass diese Tests auch echte Einsätze im Ukrainekrieg umfassen, ist für beide Fluggeräte ebenfalls seit spätestens 2023 belegt. Natürlich muss, wer sich dazu entscheidet, nicht ausgereifte neue Waffen auf dem Schlachtfeld zu erproben, stets mit Verlusten aufgrund technischer Probleme rechnen – schlechte Presse, wenn es herauskommt, inklusive. Der absichtliche Abschuss der S-70, deren Trümmer rund 20 Kilometer westlich der Stadt Bachmut auf ukrainisch kontrolliertem Territorium zu Boden gingen, ist für Russland aber nicht nur ein PR-Fiasko. Westliche Dienste werden sich nun brennend für das Ochotnik-Wrack interessieren – und die vermeintliche Superwaffe so gut es noch geht unter die Lupe nehmen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Empfohlener redaktioneller Inhalt

Ochotnik außer Kontrolle?

Warum aber entschied sich der russische Kampfjetpilot, die S-70 aus kurzer Distanz selbst vom Himmel zu holen, wie in einem auf X publizierten Video zu sehen? Die wahrscheinlichste Theorie, die auch von einigen Militärbloggern aus Russland ins Feld geführt wird, ist wohl ein Kontrollverlust über die Stealth-Drohne. Der russische Telegram-Kanal "Russische Waffen" mutmaßt, der Kommunikationskanal, über den sich die S-70 und die Su-57 im Verbund verständigen, sei ausgefallen und die Drohne habe nicht mehr auf Befehle reagiert. Ob dies aus hausgemachten Gründen, etwa einen Programmierfehler, oder durch gezielte elektronische Störmanöver der Gegenseite geschah, bleibt offen. Jedenfalls stellt "Russische Waffen" fest: "Nach diesem Vorfall müssen die Spezialisten des Suchoi Design Bureau das Steuerungssystem der S-70 Ochotnik-B sorgfältig neu programmieren, wodurch sich das Erreichen der Einsatzbereitschaft dieses UAV um mehrere Jahre verzögern wird."

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Abschuss als Schadensbegrenzung

Vermutlich war der Abschuss, der laut mehreren Kommentatoren mit einer Wympel R-74M-Rakete aus dem internen Waffenschacht der Su-57 erfolgte, die Ultima Ratio, um zu verhindern, dass die Technik der Ochotnik bei einem unkontrollierten Absturz oder gar einer automatischen (Not-)Landung tief in ukrainischem Gebiet in westliche Hände gerät. Die Zerstörung der widerspenstigen Drohne schien demgegenüber wohl das kleinere Übel. Und da die Ochotnik nach übereinstimmenden Berichten keinen Selbstzerstörungsmechanismus besitzt, blieb dafür nur der Abschuss. Tatsächlich ist es fraglich, wie viel Knowhow über die S-70 sich für den Westen aus dem Wrack, das die Kennung S-70-4 trägt, tatsächlich noch abschöpfen lässt. Trotzdem wird der Vorfall in Russland kontrovers diskutiert, existier(t)en von der S-70 Ochotnik doch allenfalls eine knappe Handvoll Prototypen, von denen jetzt definitiv einer fehlt.

Nach Sicht des Kanals Fighterbomber, der traditionell eng mit der russischen Luftwaffe vernetzt ist, hätte es für die Russen aber auch deutlich schlimmer kommen können. "Alle unsere Flugzeuge und Besatzungen zu Hause, es gibt eine Drohne weniger – aber dafür sind die Tests da", kommentierte der Telegram-Blog lakonisch.