Hier baut Russland neue CFK-Flügel für die Irkut MS-21

„Schwarze Magie“ in Uljanowsk
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Hier entstehen die Kohlefaser-Flügel der MS-21

© AeroComposite 12 Bilder

Russlands Flugzeugbau-Holding fährt die Serienfertigung ihres Hoffnungsträgers Irkut MS-21 hoch. Dazu gehört auch der Bau neuer Kohlefaser-Tragflächen, vollständig hergestellt aus russischen Rohstoffen. Der Geburtsort dieser "schwarzen Flügel" liegt in Uljanowsk.

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Bei AeroComposite stehen die Zeichen auf Expansion. Das Unternehmen aus Uljanowsk im Westen Russlands nimmt bei den Plänen, die die russische Regierung für die einheimische Luftfahrtindustrie verfolgt, eine wichtige Rolle ein. Denn AeroComposite fertigt die Kohlefaser-Tragflächen für den neuen Airliner Irkut MS-21. Und während dabei für die fünf Prototypen noch Rohware aus Importbeständen zum Einsatz kam, greift man für die Serienflügel künftig ausschließlich auf russische Materialien zurück. Das war eigentlich gar nicht so geplant – doch es hat sich so ergeben, nachdem die Russen sich bereits Ende 2018 mit einem von den USA verhängten Embargo für CFK-Importe konfrontiert sahen und entsprechend umdisponieren mussten.

© UAC

Die Irkut MS-21 besteht zu rund 40 Prozent aus CFK. AeroComposite fertigt in Uljanowsk aber "nur" die Tragflächen und den zugehörigen Flügelkasten.

Serienbau läuft

Inzwischen ist die Serienfertigung der "schwarzen Flügel" in Uljanowsk angelaufen. Im Januar 2023 erhielt AeroComposite hierzu die Freigabe der russischen Zivilluftfahrtbehörde, die der überarbeiteten, mit russischen Flügeln und Motoren ausgestatteten MS-21-310 die Zulassung erteilte. Zwar operiert AeroComposite gegenwärtig noch auf recht bescheidenem Niveau – für 2023 sind lediglich vier Flügelpaare und Tragflächen-Mittelstücke eingeplant, für 2024 sechs.

Doch das Werk, das 2011 eröffnet wurde, soll bald deutlich mehr produzieren: "Das Unternehmen baut seine Kapazitäten weiter aus", unterstrich Alexej Russkich, Gouverneur der Region Uljanowsk, am Dienstag bei einem Besuch vor Ort. Es gebe "Pläne, die Produktion von einheimischen 'schwarzen' Flügeln für MS-21-Flugzeuge erheblich zu steigern." Dabei werde man "gemäß dem Zeitplan" agieren, den die russische Regierung im vergangenen Jahr präsentierte – und der für 2024 sechs, für 2025 zwölf und für 2026 22 neue MS-21-310 vorsieht, gefolgt von einer weiteren jährlichen Steigerung. Ziel ist eine Fertigungsrate von 72 MS-21 pro Jahr ab 2029. Und entsprechend viele CFK-Tragflächen muss AeroComposite dann zuschießen.

© Pressedienst der Regierung Uljanowsk

Auf Tuchfühlung mit dem "schwarzen Flügel": Uljanowsks Gouverneur Russkich (mit der Hand auf der Tragfläche) beim AeroComposite-Werksbesuch am 11. April.

(Fast) alles russisch

Das Produktionswerk in Uljanowsk ist russlandweit das einzige, das die sogenannten schwarzen Flügel produzieren kann. Hierfür hat AeroComposite ein eigenes Fertigungsverfahren entwickelt und patentieren lassen, das auf der Vakuum-Infusionstechnik beruht. Dabei wird spezielles Epoxidharz in übereinandergelegtes, trockenes Kohlefasergewebe eingesogen, das in einer Negativform fixiert wird. Das so entstandene Flüssigkomposit-Formteil härtet anschließend bei 180 Grad Celsius in einem Ofen aus – das energieintensive "Backen" des Werkstücks in einem Autoklav entfällt. Laut Anatoli Gaidanski, Generaldirektor von Aerocomposite, könne der Produktionszyklus je nach Bauteil zwischen fünf und 30 Stunden betragen. "Im Unternehmen in Uljanowsk wird alles aus russischen Materialien hergestellt, es wird praktisch nichts importiert", so Gaidanski weiter anlässlich des Werksbesuchs von Gouerneur Russkich. "Verbundwerkstoffe sind russisch, Hilfsstoffe sind russisch, Farben sind russisch, Dichtungsmittel sind russisch. Der gesamte Prozess ist hier bereits durch Importe ersetzt worden." Das habe kleine konstruktive Änderungen an den Tragflächen zur Folge gehabt, die nun in die Serienausführung einflössen.

Außerdem werde man in einem nächsten Schritt auch die Produktionsmittel "russifizieren": Im Februar präsentierte AeroComposite einen in Russland entwickelten Legeroboter, der das bislang genutzte Modell aus dem Ausland ersetzen soll. Bislang sei man mit importieren Robotern aus Frankreich und Spanien ausgestattet, "aber Legekopf, Software und Steuerung sind russisch", heißt es aus Uljanowsk. Allgemein werde man sämtliche Herausforderungen der Importsubstitution bei der MS-21 "in den kommenden Jahren lösen", ist man sich in Russland sicher. Die Zeit wird zeigen, wie gut das klappt.

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