Für einen wirklich modernen Großraumjet hat sie zwei Triebwerke zu viel – und ob sie in Serie geht oder ein Einzelstück bleibt, ist irgendwie auch noch nicht so klar. Aber immerhin bereitet sich die neue Iljuschin Il-96-400M auf dem Gelände des WASO-Flugzeugwerks Woronesch offenbar ernsthaft auf ihren Jungfernflug vor. Jedenfalls absolvierte sie dieser Tage ausgiebige Rollversuche – von ersten zaghaften Schritten Mitte Oktober bis hin zu Highspeed- und Startabbruchtests bei Regenwetter am vergangenen Samstag.

Retro-Look: Die Iljuschin Il-96-400M wirkt mit ihren vier Triebwerken wie aus der Zeit gefallen.
Zusammenbau in Zeitlupe
In der logischen Schrittfolge, der die Erprobung eines neuen Flugzeugs folgt, müsste nun zeitnah der erste Flug anstehen. Den hätte die Iljuschin mit der Testkennung 96115 eigentlich schon vor gut einem Jahr (und ursprünglich noch früher) absolvieren sollen. Aber eilig haben es die Ingenieure mit der Il-96-400M in den letzten Jahren nie gehabt – immerhin nahm allein die Endmontage des Prototyps satte dreieinhalb Jahre in Anspruch. Ihr Rollout feierte die Il-96-400M im Juni, offiziell gestartet war der Zusammenbau Ende 2019.

Die Endmontage der Il-96-400M in Woronesch verlief sehr schleppend. Gestartet war sie offiziell Ende 2019.
Neuauflage einer Rarität
Den Rumpf, den die WASO-Mitarbeiter für das Flugzeug heranzogen, hatten sie sogar noch auf Lager. Er war einst für eine "normale" Il-96-400 eingeplant – die um 9,35 Meter gestreckte Variante der Il-96-300, von der letztlich aber nur vier Stück vollendet wurden. Das "M" im Namen verdient sich die Neuauflage vor allem durch ihre inneren Werte. So besitzt die Il-96-400M laut Hersteller eine "aktualisierte Bordausrüstung" russischer Bauart mit rundum erneuertem Avionik-Paket.

Das Cockpit der Il-96-400M zeigt sich in traditionellem Teint, folgt aber zeitgemäßen Trends - und ist für zwei Piloten ausgelegt.
Welche Triebwerke hat sie?
Die vier Schubhebel im traditionell blaugrau gehaltenen, aber sehr aufgeräumt wirkenden Cockpit regulieren die Kraft effizienz- und schubgesteigerter PS-90A-Turbofans von Awiadwigatel. Ob es sich dabei um die bereits serientaugliche Version PS-90A1 handelt oder um die neue Spitzenvariante PS-90A3M, dazu gibt es widersprüchliche Informationen. Einer Broschüre von Awiadwigatel zufolge ist für die Il-96-400M tatsächlich das PS-90A3M vorgesehen, das pro Einheit knapp 172 Kilonewton Schub liefern soll – gegenüber 157 Kilonewton der Basisausführung. Der Prototyp soll nach letzten Erkenntnissen aber "nur" die älteren PS-90A1 besitzen.

Was hat Russland mit der Il-96-400M vor? Vielleicht geht es auch einfach um den Fähigkeitserhalt im Flugzeugbau...
Schicksal weiter unklar
Die Entscheidung, ob die Il-96-400M in Serie geht, scheint man in Russland derweil noch immer nicht getroffen zu haben. Bestellungen für den Vierstrahler gibt es nach wie vor keine. Der russische Plan zum Ausbau der einheimischen Airliner-Produktion sieht bis 2030 zwar zwei bis drei neue Il-96 jährlich vor. Offiziell geht es dabei aber um die alte Standardvariante Il-96-300. Ob die Il-96-400M jemals in einer Stückzahl gebaut wird, die auch nur annähernd den Status "Serienfertigung" verdient, soll wohl erst entschieden werden, wenn die 96115 sich in der Flugerprobung bewährt hat. Das zumindest verlautbarte die Nachrichtenagentur Tass im Juli 2022 unter Berufung auf eine Insiderquelle. Und nach wie vor steht da ja auch die Konvertierung der Il-96 in einen Zweistrahler im Raum – wofür wiederum der Groß-Turbofan PD-35 erst einmal fertig werden müsste.