Elektrisch fliegende Holländer: Regionalflugzeuge von morgen?

Die Regionalflugzeuge von morgen?
Elektrisch fliegende Holländer

Veröffentlicht am 02.03.2024

Batterieelektrische Antriebe sind nur etwas für kleinere Flugzeuge mit geringen Reichweiten, so die landläufige Meinung. Das niederländische Start-up Elysian sieht das anders und bekommt Rückendeckung der Technischen Universität Delft: Neue Forschungsergebnisse würden zeigen, dass batterieelektrisches Fliegen in einem größeren Maßstab möglich sei als bisher gedacht. Ein entsprechendes Regionalflugzeug mit Platz für 90 Passagiere und einer Reichweite von 800 Kilometern könnte schon 2033 in Dienst gehen. "Anstelle eines Turboprop-Flugzeugs betrachteten wir Standardrumpfflugzeuge der ersten Generation als Referenzpunkt. Diese Jets waren zwar treibstoffineffizient, aber für große Reichweiten ausgelegt und wiesen im Verhältnis zur Gesamtmasse des Flugzeugs eine hohe Energiemasse auf. Das diente als Inspiration für unser Elektroflugzeugdesign", so Rob Wolleswinkel, Elysian-Mitbegründer und Chief Technology Officer.

Maeve Aerospace

Weiterentwicklung von Batterietechnologie nötig

Das richtige Flugzeugdesign ist für Elysian der Schlüssel: Im Vergleich zu einem Narrowbody wie dem Airbus A320 sind die Flügel des Konzeptflugzeugs E9X länger (42 m vs. 35,8 m) und ist der Rumpf schmaler, was die aerodynamische Effizienz erhöht. Damit das Flugzeug an Kategorie-C-Gates an Flughäfen passt, bekommt es hochklappbare Flügelspitzen mit Winglets. Zudem setzt Elysian auf einen verteilten Antrieb mit je vier Elektromotoren pro Tragfläche, die Propeller mit einem Durchmesser von 3,7 m antreiben. Gespeist werden die je 1,5 MW starken Elektromotoren von Batterien, die in den Flügeln untergebracht sind. Die Batteriepacks sollen in der ersten Generation eine Energiedichte von 360 Wh/kg erreichen, dafür ist eine Zellenergiedichte von 450 Wh/kg nötig (heutige Zellen liegen nach Angaben von Elysian bei etwa 300 Wh/kg).

Elysian

Gasturbine als Reserve

Elysian plant als Reserveenergiesystem einen Turbogenerator auf der Basis einer Gasturbine im Heck. Damit verfügt die E9X technisch gesehen über ein seriell-hybrides Antriebssystem. Die Gasturbine sei jedoch ausdrücklich kein "Range Extender" für höhere Reichweite, sondern für Wartezeiten am Boden und Ausweichrouten, beispielsweise bei schlechtem Wetter, gedacht. Die Unterbringung der Batterien im Flügel ist nicht unproblematisch für den Zugang zu Wartungszwecken sowie für die Sicherheit im Fall eines Zellen- oder Modulversagens. Auch die Batterieentwicklung, das Wärmemanagement, das Design des Reservesystems, die Hochspannungs-Energieübertragung sowie die Zulassung seien Herausforderungen, so Elysian. Daran arbeite man unter anderem mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Elysian

Parallel-hybrider Antrieb

Ein anderes niederländisches Start-up, Maeve Aerospace, setzt bei seinem Entwurf M80 auf ein parallel-hybrides Antriebssystem. Dabei sind Gasturbine und Elektromotor auf derselben Welle montiert. Beide Antriebstypen können einzeln oder zusammen betrieben werden. Hinzukommen zehn Batteriepacks, zu denen das Unternehmen allerdings bisher keine Angaben macht. Die M80 soll 80 Passagiere über Distanzen von bis zu 1500 Kilometern befördern. Im Reiseflug soll das Flugzeug 40 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als ein Regionaljet, und das bei 20 Prozent geringeren Kosten pro Sitzplatzkilometer als ein gleich großes Turboprop-Flugzeug, so das Versprechen. Auf Computerbildern ist zu sehen, dass der Schulterdecker zwei Triebwerksgondeln mit jeweils achtblättrigen Propellern unter den Flügeln hat. Nach Angaben von Maeve Aerospace soll jeder Antriebsstrang zwei bis drei Megawatt Leistung liefern. Das Flugzeug soll 2031 auf den Markt kommen.

FR-Redaktion

Feedback der Airlines fließt in Entwurf ein

Mit der M80 kehrt Maeve Aerospace dem vorherigen, rein batterieelektrischen Entwurf eines 44-Sitzers namens Maeve 01 den Rücken. "Wir erhielten von Fluggesellschaften (während und nach der Paris Air Show) die Rückmeldung, dass sie die doppelte Passagierkapazität und die dreifache Reichweite benötigen, um erfolgreich zu sein. Eine solche Leistung geht über das hinaus, was mit einem vollelektrischen Flugzeug erreicht werden kann. Bei unseren Berechnungen haben wir festgestellt, dass dieses Flugzeug [die M80; d. Red.] viel mehr Passagiere befördern und somit mehr CO2 einsparen kann als unsere bisherigen Flugzeuge", antwortet Jan Willem Heinen, Mitgründer und CEO von Maeve Aerospace, auf eine schriftliche Anfrage der FLUG REVUE. Man habe sich für ein hybridelektrisches Antriebssystem entschieden, weil man keine zusätzliche Infrastruktur benötige, wie das beispielsweise für einen Brennstoffzellenantrieb der Fall wäre.

Um seine Pläne umzusetzen, hat Maeve Aerospace Anfang Februar ein Büro in Oberpfaffenhofen eröffnet. Das Entwicklungsteam wird von dem Deutschen Martin Nüsseler geleitet, der seit April 2023 Chief Technology Officer (CTO) bei Maeve Aerospace ist.