Die Iljuschin Il-76 des Iran gehörten einst dem Feind: Persische Lastenesel mit irakischen Wurzeln

Lastenesel mit irakischen Wurzeln
Die Iljuschin Il-76 des Iran gehörten einst dem Feind

Veröffentlicht am 26.03.2025

Die Luftwaffe der Islamischen Republik Iran (IRIAF) besitzt – auf dem Papier – 75 Transportflugzeuge. In den letzten Jahren haben Budgetkürzungen die Einsatzfähigkeit der Flotte jedoch stark beeinträchtigt. Stand März 2025 sind nur noch 29 Transportflugzeuge der IRIAF flugfähig – darunter vier vom Typ Iljuschin Il-76TD.

Die Il-76 sind seit 1994 beim 71. Taktischen Transportgeschwader (71. TTS) auf der 7. Taktischen Kampfflugzeugbasis (7. TFB) in Shiraz im Einsatz und wurden in den letzten drei Jahrzehnten von der IRIAF für den Schwertransport von Ausrüstung und Personal eingesetzt. Neben den vier derzeit flugbereiten Il-76TD warten bei dem Geschwader noch zwei weitere auf Reparaturen, um ebenfalls wieder aufzusteigen – allerdings warten sie darauf bereits seit dem Jahr 2009.

Iranische Iljuschin Il-76 in Aktion.
Christian Laugier

Die irakische Herkunft

Interessant an den iranischen Iljuschins ist vor allem ihre Herkunft. Zum Großteil kamen die Vierstrahler nämlich aus dem Nachbarland Irak ins Land. Der Iran und der Irak standen von 1980 bis zum "bedingungslosen Waffenstillstand" im August 1988 im Krieg gegeneinander. Dann besannen sich die alten Feinde, nahmen 1990 gar diplomatische Beziehungen auf – und halfen schließlich stillschweigend zusammen, als der Irak Kuwait annektierte und die USA infolgedessen die Iraker mit Krieg überzogen.

Im Dezember 1990 und Januar 1991 wurden über 120 Flugzeuge, hauptsächlich von der irakischen Luftwaffe, vom Irak in den Iran verlegt, um während der Operation Desert Storm im Zweiten Golfkrieg vor Luftangriffen der US-geführten Koalition geschützt zu sein. Trotz der Einrichtung einer Flugverbotszone über dem Ostirak gelang es der irakischen Luftwaffe, 15 ihrer 19 Il-76MD/TD nach Täbris und Teheran im Iran zu verlegen. Nur vier verblieben im Irak, darunter eines ihrer beiden Frühwarnflugzeuge Adnan-2/Baghdad-2. Von den im Irak verbliebenen Maschinen überlebte nur eine Il-76MD (YI-ALV) den Krieg. Die zweite Adnan-2 (YI-ANM) wurde am 17. Januar 1991 im Luftwaffenstützpunkt Al-Taqaddum von einer F-117A bombardiert. Die Il-76MD YI-ANH endete am 18. Januar im Luftwaffenstützpunkt Al-Qadisiya auf ähnlíche Weise, während die Schwestermaschine YI-ALU am 27. Januar 1991 auf dem Weg in den Iran von einer F-15C der USAF abgeschossen wurde.

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Mit ukrainischer Hilfe

Fast ein Jahr lang war die IRIAF für den Schutz der irakischen Kampfflugzeuge verantwortlich, bis Brigadegeneral Mansour Sattari, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, im Oktober 1992 von der Regierung in Teheran die Erlaubnis erhielt, die irakischen Flugzeuge in den Dienst der iranischen Luftwaffe zu stellen. Anschließend wurde beschlossen, sie alle zur 71. TTS, einer C-130E/H-Staffel in Shiraz, zu versetzen. Eine Gruppe von C-130-Besatzungen wurde ausgewählt und in die Ukraine geschickt, wo sie 1994 und 1995 eine Ausbildung an den Il-76M/MD der ukrainischen Luftwaffe absolvierten. Nach ihrer Rückkehr in den Iran zwischen 1995 und 1996 begannen sie, die ehemaligen irakischen Il-76 zu fliegen.

Die ukrainische Luftwaffe entsandte außerdem eine Gruppe ihrer Techniker in den Iran, um zwischen 1993 und 1995 einige der stillgelegten Il-76 wieder flugfähig zu machen. Manche von ihnen wurden zur Überholung nach Russland geschickt. Nach ihrer Rückkehr wurden fünf Il-76MD/TD an die Luftstreitmacht der Iranischen Revolutionsgarden übergeben, sodass acht Il-76MD/TD, eine Baghdad-1 und eine Baghdad-2 AWACS bei der IRIAF blieben. Die Flugaktivitäten der Il-76 der IRIAF begannen 1995, als die überholten Flugzeuge nach und nach aus Russland in den Iran zurückkehrten.

Es dauerte nicht lange, bis eine von ihnen am 8. September 1998 außer Dienst gestellt wurde. Bei der Il-76TD "5-8202" war ein Triebwerksbrand ausgebrochen, der auf die Tragfläche übergriff. Die Maschine blieb auf der 5. TFB "Ardestani" der IRIAF in Omidyeh am Boden, bis sie repariert und im Februar 2009 zur 7. TFB zurückgeflogen wurde. Allerdings wurde dieses Flugzeug schon im selben Jahr wieder stillgelegt, nachdem man Risse in der reparierten Tragfläche festgestellt hatte. Letztlich endete die 5-8202 als Ersatzteilspender. Davor hatte die IRIAF zwischen 1998 und 2005 bereits zwei Il-76 kannipalisiert, beides MD-Modelle. Ihre Triebwerke, Klappen, Strukturteile und weitere Komponenten waren für die Restaurierung der beschädigten Il-76TD in Omidyeh und für Inlandsüberholungen, beziehungsweise zur Depotwartung der Il-76 bei der 7. TFB verwendet worden.

Ein fataler Fehler

Zwischen 1998 und 2008 betrieb die IRIAF insgesamt fünf Il-76TD (5-8203, 5-8204, 5-8206, 5-8209 und 5-8210). Dazu kam die einzige Adnan-2 AWACS, die inzwischen in "Simorgh" umbenannt wurde.

Am 22. September 2009 stürzte diese einzige noch verbliebene Adnan-2 (Baghdad-2), die Nummer 5-8208, ab. Sie war, mithilfe ukrainischer Ingenieure, zwischen 2006 und 2009 von der Wartungs-, Reparatur- und Überholungswerkstatt Pars Aviation der Revolutionsgarden am Flughafen Teheran-Mehrabad wieder flugfähig gemacht worden. Die Maschine flog im Rahmen der Parade zum "Tag der heiligen Verteidigung" über dem Süden Teherans. Als sie hinter die Formation zurückfiel, beschleunigte ihr Pilot, der Kommandant der 71. TTS. Er flog mit der Höchstgeschwindigkeit einer gewöhnlichen Il-76, ohne zu bemerken, dass diese bei der AWACS-Version geringer war. Dadurch löste sich die Radarkuppel, traf das Seitenleitwerk und durchtrennte es. Das Flugzeug stürzte daraufhin ab, wobei alle sieben Besatzungsmitglieder starben. Im Cockpit Voice Recorder (CVR) des Flugzeugs ertönte mehrmals der Warnton "Übergeschwindigkeit", den der Pilot jedoch ignorierte, da er einen Fehler vermutete.

Bereits 2007 näherte sich die zehnjährige Laufzeit der "Meantime Between Overhaul" (MTBO) der Il-76TD der IRIAF dem Ende. Zwar beauftragte das iranische Ministerium für Verteidigung und Logistik der iranischen Streitkräfte (MODAFL) den Flugzeughersteller Iljuschin mit der Überholung der Maschinen am Moskauer Flughafen Schukowski. Der "Oberste Führer" des Iran Ali Chamenei untersagte dies jedoch. Die Revolutionsgarden dagegen ließen zwischen 2009 und 2011 vier ihrer Il-76TD, darunter drei ehemalige irakische Exemplare, in Russland überholen. Der IRIAF blieb nur eine vorübergehende Option: Sie schickte ihre Il-76TDs an das Wartungszentrum von Pars Aviation, um ihre Lebensdauer um lediglich 200 Stunden zu verlängern. Nach Ablauf dieser Zeit wurden die Flugzeuge nach und nach stillgelegt, sodass der Staffel im Januar 2011 nur noch zwei flugfähige Il-76TD (5-8206 und 5-8210) zur Verfügung standen.

Iranische Iljuschin Il-76 in Aktion.
Abbasi Kashani

Il-76-Überholung im Iran

Viele der Navigatoren und Flugingenieure der Il-76 wurden in Teheran auf Boeing 707 und Boeing 747 versetzt, während einige Piloten auf PC-6/B2-H2 STOL-Flugzeuge und C-130E/H umgestiegen waren. 2011 blieb der Einheit mit vier Piloten nur noch ein Fluglehrer übrig. Einige Piloten hatten nicht genügend Flugstunden und mussten auf eigene Kosten nach Teheran reisen, um an privaten Flugschulen mit Trainingsflugzeugen zu fliegen, um den Ablauf ihrer Lizenzen zu vermeiden. Im Jahr 2011 konnten nur zwei Piloten der Staffel einen Einsatz pro Monat absolvieren, während die übrigen nur alle zwei bis drei Monate fliegen durften.

2010 erhielt das Pars Aviation-Wartungszentrum der Revolutionsgarden Unterstützung vom ukrainischen Flugzeugreparaturwerk Nikolajew, um die Kapazitäten für die Überholung und Depotwartung der Il-76 im Iran auszubauen. Dadurch konnte die IRIAF ihre Flugzeuge im Iran überholen lassen. Gleichzeitig reaktivierte die 71. Wartungsstaffel der 7. TFB pensionierte Wartungstechniker für die Il-76, um alle Arten von Wartungsarbeiten bis hin zur Depotwartung durchführen zu können. Diese Techniker hatten vor ihrem Abschied aus dem Armeedienst jahrelang an der Restaurierung der beschädigten Il-76TD 5-8202 in Omidiyeh gearbeitet und dabei jede Menge Erfahrung gesammelt.

Beginnend mit einem Flugzeug (5-8209) im Jahr 2011 verlängerte die 71. Wartungsstaffel der IRIAF auch die Lebensdauer der Il-76 der IRIAF, sodass diese im Einsatz bleiben konnten, bis Pars Aviation mit der Überholung der Flugzeuge im Inland begann. Zuvor hatte Pars Aviation die Fähigkeit erlangt, die Lebensdauer dieser Flugzeuge zu verlängern, und dies erstmals zwischen dem 7. Dezember 2008 und dem 27. Januar 2009 mit Hilfe ukrainischer Ingenieure des Flugzeugreparaturwerks Nikolajew an einer Il-76TD der IRIAF unter Beweis gestellt.

2013 oder 2014 erlangte Pars Aviation Aircraft die Fähigkeit, hochwertige und standardisierte Depotwartungen an Il-76 vorzunehmen – zunächst an den Il-76T der Syrischen Arabischen Luftwaffe und anschließend an den Il-76TD der Revolutionsgarden. Ab 2018 begann das Unternehmen mit der Überholung der Il-76 für die IRIAF. Den Auftakt machte die Restaurierung und der Umbau der Il-76MD Baghdad 1 (Adnan-1) zu einem Frachtflugzeug. Dabei kamen Teile von zwei ehemaligen Il-76TD der South Airlines zum Einsatz, die das Unternehmen 2017 als Prüfstand oder Ersatzteilquelle beschafft hatte.

Das Pars-Wartungszentrum

Nach den Wartungsarbeiten absolvierte das Flugzeug im August 2020 seinen ersten Funktionstestflug, bevor es modernisiert wurde. Die 1986 gebaute Il-76 hatte in ihrer gesamten Lebensdauer lediglich 1.269 Flugstunden und 508 Zyklen absolviert. Nach den Testflügen erhielt das Flugzeug eine moderate Avionik-Modernisierung, darunter die Installation eines TCAS (Traffic Collision Avoidance System), FMS (Flight Management System) und GNS (Garmin Touchscreen Navigator), die sechs Monate später abgeschlossen wurde. Nach weiteren Testflügen und zusätzlichen Wartungsarbeiten erklärte man die Maschine im Januar 2022 bei der 71. TTS für einsatzbereit. Im Mai 2023 erhielt die IRIAF von Saha Airlines ein ziviles Lufttüchtigkeitszeugnis für kommerzielle Zwecke, der Plan wurde jedoch umgehend verworfen.

Das Wartungszentrum von Pars Aviation hat bisher zwei weitere Il-76TD (5-8209 und 5-8210) für die IRIAF überholt, die erste im Jahr 2023, die zweite im Jahr 2024. Beide Maschinen wurden auf den gleichen Standard wie das ehemalige Adnan-1-Frühwarnflugzeug gebracht. Die zweite Maschine wurde am Mittwoch, dem 12. März 2025, an die 71. TTS zurückgeliefert und eine Woche später zusammen mit drei weiteren flugfähigen Il-76TD der Staffel in Betrieb genommen.

Zusätzlich zu den drei bei Pars Aviation überholten Il-76TD unternahm die 71. Wartungsstaffel zwischen 2021 und 2023 selbst eine Überholung einer Il-76TD (5-8206). Diese Maschine und die drei in Teheran überholten Exemplare bilden das Quartett der flugbereiten Il-76 der IRIAF. Zwei weitere Il-76TD (5-8203 und 5-8204) sind seit 2009 aufgrund fehlender Budgets für Überholung stillgelegt, während zwei Il-76MD (5-8201 und 5-8207) und eine Il-76TD (5-8202) für Ersatzteile, wie beispielsweise ihre Solowjow D-30KP-Turbofan-Triebwerke, ausgeschlachtet wurden. Die Revolutionsgarden betreiben derweils ihrerseits in Teheran sechs Il-76TD.

Iranische Iljuschin Il-76 in Aktion.
Ali Naderi

Irans Il-76TD im Einsatz

Die IRIAF nutzt ihre vier flugfähigen Il-76TD ausschließlich für militärische Zwecke. Seit 2017 haben diese Maschinen den Iran nicht mehr verlassen und werden nur noch innerhalb des Landes eingesetzt, um Schwerlast zwischen verschiedenen Luftwaffenstützpunkten zu transportieren.

Bei Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen wurden Il-76 des 71. TTS eingesetzt, um medizinische Hilfe und Nahrungsmittel für Bedürftige zu transportieren. Am 12. November 2017 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,3 Kermanshah im Westen des Iran. Am nächsten Morgen setzte die IRIAF zwölf Frachtflugzeuge, darunter eine Il-76TD, ein, um medizinische Hilfe und Nahrungsmittel von Teheran nach Shiraz zu transportieren. Als Reaktion auf die Überschwemmungen im Iran 2019 flogen eine Il-76TD (5-8206) und zwei C-130E/H des 72. TTS einen Schwimmbagger der iranischen Marine namens Khorramshahr vom Flughafen Ahvaz zum Flughafen Gorgan. Nach der Montage am Flughafen Gorgan wurde der Bagger von der iranischen Marine eingesetzt, um Wasserkanäle freizumachen, die durch Überschwemmungen im April 2019 durch Trümmer blockiert waren.

Am Freitag, dem 8. September 2023, wurde die IRIAF vom iranischen Regime beauftragt, 800 muslimische Pilger, hauptsächlich Regierungsangestellte, nach ihrer Rückkehr aus dem Irak vom Flughafen Ilam nach Teheran zu fliegen. Eines der beiden hierfür eingesetzten Flugzeuge war eine Il-76TD (5-8210) der 71. TTS. Eine ähnliche Mission wurde wenige Tage zuvor, am 28. August 2023, mit derselben Maschine durchgeführt, um Hunderte pakistanische Pilger von Zahedan im Osten des Iran nach Abadan im Südwesten des Landes zu fliegen.

Allzeit bereit

Trotz schwerwiegender Haushaltsprobleme und diskriminierender Entscheidungen des iranischen Regimes zugunsten der Machtausweitung der IRGC versucht die IRIAF weiterhin, vier ihrer Il-76TDs einsatzbereit zu halten, wobei zwei davon rund um die Uhr einsatzbereit sind. Diese Flugzeuge sind nach wie vor jederzeit in der Lage, auf Katastrophenhilfeeinsätze des iranischen Innenministeriums und der medizinischen Notfallorganisation zu reagieren.