Fürwahr, es gibt derzeit elementarere Dinge in der Ukraine als das Schicksal eines Flugzeugs. Auch wenn es sich bei diesem Flugzeug um die einzigartige An-225 "Mrija" handelt – jenes sechsstrahlige Riesenflugzeug, das in den vergangenen Jahren die ukrainischen Farben in alle Welt hinaustrug und dem als Botschafter seines Landes die Herzen von Millionen Menschen zuflogen. Doch die "Mrija" ist ein nationales Symbol für die Ukraine – und genau aus diesem Grund wäre ihre Vernichtung mehr als ein Kollateralschaden in einem Krieg, den noch vor einer Woche kaum jemand wirklich für möglich gehalten hatte.

"Mrija" schwer getroffen?
Die ersten Kampfhandlungen um den Antonow-Werksflugplatz Hostomel, wo sie seit dem 5. Februar zu Wartungszwecken weilte, hatte die An-225 mutmaßlich noch unbeschadet überstanden. Aber Russen und Ukrainer lieferten sich auch in der Folgezeit erbitterte Gefechte um den Airport. Die russische Armee setzte dabei massive Hubschrauberformationen ein. Und so kam es wohl am Wochenende, wie es beinahe kommen musste: ein Geschoss traf den riesigen Hangar des Mega-Transporters. Dabei soll auch die An-225 schwer beschädigt und womöglich gar zerstört worden sein. So heißt es zumindest seit Sonntagnachmittag aus der Ukraine. Als erstes Medium berichtete der Sender Radio Swoboda über die Zerstörung der "Mrija" und berief sich auf Angaben des Bürgermeisters der nahegelegenen Stadt Butscha sowie interne Quellen des Flugzeugbauers Antonow. Später bestätigten auch Vertreter der ukrainischen Regierung via Twitter, die An-225 sei bei den Kampfhandlungen in Hostomel zerstört worden. Staatskonzern Ukroboronprom bestätigte ebenfalls, betonte jedoch, man werde das Flugzeug "definitiv" wieder aufbauen. Die Kosten bezifferte Ukroboronprom auf drei Milliarden US-Dollar, der Wiederaufbau werde fünf Jahre dauern. Russland solle für die Kosten aufkommen.
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"Nur" beschädigt, nicht zerstört?
Allerdings steht der Airport Hostomel derzeit wohl nicht unter ukrainischer, sondern unter russischer Kontrolle. Eine unabhängige Bestätigung des Schicksals der vor Ort weilenden Flugzeuge scheint daher schwierig. "Mrija"-Betreiberin Antonov Airlines möchte die Hoffnung darauf, dass ihr Flaggschiff noch steht, deshalb nach wie vor nicht aufgeben. Genaue Angaben könne man erst machen, wenn man das Flugzeug vor Ort einer technischen Inspektion unterzogen habe, erklärte Antonov Airlines gestern Nachmittag: "Bis die An-225 von Experten überprüft wird, können wir vorerst nicht über den technischen Zustand des Flugzeugs berichten. Warten Sie auf weitere offizielle Nachricht." Auch "Mrija"-Chefpilot Dimitri Antonow will das Flämmchen der Hoffnung vorerst weiter brennen lassen. Es gebe "viele Gerüchte" über den Zustand der An-225, ließ er gestern Nachmittag auf seiner Facebook-Seite verlauten. "Bis es verlässliche Informationen gibt, glauben wir an nichts."
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Tatsächlich scheint die Hoffnung nicht unbegründet: Ein aktuelles Satellitenbild aus Hostomel deutet darauf hin, dass die Maschine zumindest nicht ausgebrannt oder vollständig zerstört ist. Zwar klafft im Dach des "Mrija"-Hangars ein großes Loch, allerdings scheint das Flugzeug selbst noch auf eigenen Rädern zu stehen. Auch das Heck, das unter dem Hangar hervorlugt, ist intakt und korrekt ausgerichtet. Möglicherweise hat "nur" die Frontpartie der An-225 einen Schaden erlitten.





Unfertiger Zwilling steht nicht in Hostomel
Die riesige An-225, 84 Meter lang, bis zu 640 Tonnen schwer und mit einer Spannweite von 88,4 Metern, ist ein Einzelstück. Allerdings besitzt Antonow ein zweites, nicht vollendetes Exemplar, dessen Komponenten seit den Neunzigerjahren eingemottet sind und über dessen mögliche Fertigstellung in der Vergangenheit immer wieder spekulkiert wurde. Diese zweite An-225 lagert nicht in Hostomel, sondern im Antonow-Werk Swjatoschyn. Da von dort bislang keine Kämpfe gemeldet wurden, sollte der unvollendete "Mrija"-Zwilling noch unbeschadet sein...